
Schön- und Schiachperchten bei einem traditionellen Umzug kurz vor Weihnachten in Großarl: Für die Marktgemeinde im Bezirk Pongau ist der Winter ein wichtiger Geldbringer, auch wenn die Sommer an Bedeutung gewinnen.
Es ist der Ort mit den meisten höchstbesternten Häusern in der Skiwelt Amadé: Großarl. Die Marktgemeinde im Salzburger Land zählt allein 19 Vier-Sterne-Hotels, zwei sind sogar mit fünf Sternen dekoriert. Auf 3.800 Einwohner kommen 4.800 Gästebetten. Der 980 Meter hoch gelegene Ort ist in den vergangenen Jahren deutlich gewachsen. Statt Landflucht gab es Zuzug. Und Großarl ist wohlhabend geworden – dank des Wintertourismus. Der ist noch immer die Geldmaschine, auch wenn die Bedeutung des Sommertourismus im Großarltal und anderen Regionen steigt.
Das sei auch dringend geboten, sagt Thomas Wirnsperger, Geschäftsführer des Tourismusverbands Großarltal. Er ist seit 1991 in dieser Funktion und überblickt mehr als drei Jahrzehnte touristischer Entwicklung. 1997 sind die Verbände von Großarl und der nahe gelegenen Nationalparkgemeinde Hüttschlag mit einigem Rumoren zusammengelegt worden. Touristisches Wachstum werde in der Region, möglicherweise im gesamten Alpenbogen, künftig wohl nur mehr in den Sommermonaten erfolgen. Wenn es anderswo aufgrund des Treibhauseffekts zu heiß wird, könnten Großarl und vergleichbare Destinationen als Zufluchtsorte für Hitzegeplagte profitieren.
Schneeschuhwandern kein Ersatz
Eine passable Alternativ zu Schnee, um Gäste im Winter anzulocken, noch dazu im bisher gewohnten Umfang, sieht Wirnsperger nicht: "Es gibt keinen Plan B, wir brauchen den Schnee." Schneeschuhwandern sei keine Ersatzlösung für Skifahren, ebenso wenig Mountainbiken, wenn die Forstwege im Winter zwar möglicherweise die meiste Zeit von Eis und Schnee befreit, aus Wildschutzgründen aber dennoch nicht frei befahrbar sind. "Die Konzession für Mountainbikestrecken reicht von Anfang Mai bis Ende Oktober, dann ist Pause", sagt Wirnsperger.
Deshalb sei es richtig und wichtig, technisch zu beschneien, solange es nur irgendwie geht. Es reichten im Prinzip vier bis fünf Tage mit zwei bis drei Minusgraden, um ein Depot an Schnee anzulegen und diesen auf den Pisten zu verteilen. Wirnsperger "Wer glaubt, ohne Schnee geht es auch, lügt sich selbst in die Tasche."
Lösungen für Arbeitskräfteproblem
Ähnlich und doch anders ist es um Arbeitskräfte im Tourismus bestellt, von denen immer mehr fehlen, winters wie sommers. "Wenn sich da keine Lösung findet, kann das Wohlstand kosten", sagt Oliver Fritz, Tourismusexperte des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), bei einem Tourismusseminar der Wirtschaftskammer Österreich in Großarl. Er sieht im Wesentlichen zwei Hebel, den Fachkräftemangel zu beheben oder zumindest zu lindern. Erstens, indem das inländische, noch nicht genutzte Potenzial abgerufen wird. Zweitens, indem man ausländische Arbeitskräfte nach Österreich holt oder Menschen mit nichtösterreichischem Pass, die sich bereits in Österreich befinden, für den Arbeitsmarkt rekrutiert und so die Zahl der erwerbsfähigen Bevölkerung im Alter zwischen 15 bis 64 Jahren erhöht.
Wenn es gelänge, inländische Arbeitskräfte länger in Arbeit zu halten, wäre viel getan, meint Fritz. Er beziffert das Potenzial mit bis zu 360.000 zusätzlichen Personen, die dem Arbeitsmarkt so zugeführt werden könnten. Zusätzlich gebe es eine stille Reserve an Personen, die im Prinzip gerne arbeiten würden, aber nicht können, weil zum Beispiel Kinderbetreuungseinrichtungen fehlen. "Da wären etwa 84.000 zu mobilisieren", sagt der Wirtschaftsforscher. Und schließlich Teilzeitbeschäftigte, die den Wunsch hätten, mehr zu arbeiten, was laut Berechnungen ein weiteres Potenzial von 230.000 Arbeitskräften bedeuten würde – für alle Branchen, nicht nur, aber eben auch für den Tourismus.
Anreize zum (Mehr)arbeiten
Um diese Menschen zu gewinnen, müsse sich Arbeiten in Vollzeit mehr lohnen, adressiert Robert Seeber, oberster Touristiker in der Wirtschaftskammer, seinen Wunsch an die Politik. Dazu gehörten eine Steuerabsetzbetrag bei Vollbeschäftigung und eine Attraktivierung von Überstunden, die geleistet werden. (Günther Strobl, 24.3.2023)