Auch Wochen nach Arbeitsminister Martin Kochers (ÖVP) Aussagen zu freiwilliger Teilzeit und dem Bestreben, Vollzeitarbeit wieder attraktiver zu machen, sind die Debatten rund um Arbeitszeit, Viertagewoche und den Pensionsantritt in vollem Gange. Doch wie ist die aktuelle Stimmungslage unter Österreichs Beschäftigten? Erkenntnisse liefert der "Workmonitor 2023" des Personaldienstleisters Randstad, für den neben Arbeitenden aus 34 Ländern auch 1.000 Österreicherinnen und Österreicher zwischen 18 und 67 Jahren befragt wurden.
"Denken Sie an eine Vollzeitbeschäftigung: Wenn Sie die Möglichkeit hätten, Ihre Arbeitszeit so zu gestalten, dass sie Ihrem eigenen Lebensentwurf entspricht, was würden Sie wählen?" – bei dieser Frage sprechen sich rund 42 Prozent der Befragten für eine reduzierte Wochenarbeitszeit – zum Beispiel eine Viertagewoche – aus. Nur rund ein Viertel würde übliche Bürozeiten, von Montag bis Freitag zwischen 9 und 17 Uhr, beibehalten wollen. Das übrige Drittel teilt sich im einstelligen Prozentbereich auf Arbeitszeiten am Wochenende sowie verschiedene Schichtarbeitsmodelle auf.
Unterschiede zwischen den Generationen
"Unsere Lebensmodelle und Bedürfnisse haben sich stark gewandelt. Vor allem jüngere Menschen wünschen sich flexiblere und kürzere Arbeitszeiten, um eine ausgewogenere Work-Life-Balance einhalten zu können", erklärt Ulla Havas, Chief Operating Officer von Randstad Österreich. Mehr als die Hälfte der Befragten (59 Prozent) würde keine Arbeit annehmen, welche die Work-Life-Balance stören könnte, wobei dieses Gefühl bei den 18- bis 34-Jährigen besonders ausgeprägt ist und bei den über 45-Jährigen deutlich abnimmt.
Was den Eintritt in den Ruhestand betrifft, beziehen die Österreicherinnen und Österreicher der Studie zufolge ebenso klar Stellung. 42 Prozent der Befragten würden gerne vor dem 60. Lebensjahr in Pension gehen, weitere 26 Prozent mit 60 bis 64 Jahren. Lediglich ein Zehntel könnte sich vorstellen, über das Alter von 65 Jahren hinaus zu arbeiten, wobei der Anteil bei 70 bis 74 Jahren sowie 75 bis 80 Jahren jeweils unter ein Prozent ausmacht.
"Der Wunsch der Menschen, die Pension früher genießen zu können, steht diametral dem Ansinnen von Arbeitsminister Martin Kocher gegenüber, die Österreicher:innen mit Anreizen dazu zu bewegen, nach dem Pensionsantrittsalter weiterzuarbeiten", kommentiert Bjørn Toonen, Managing Director von Randstad Österreich, die Ergebnisse. Die Bestrebungen, Menschen länger in Beschäftigung zu halten, werden allerdings durch einen gewichtigen Faktor unterstützt: Drei Viertel der Befragten führten die "finanzielle Lage" als Haupthindernis an, den Ruhestand zum gewünschten Zeitpunkt antreten zu können.
Stille Kündigung
Die Studie liefert zudem interessante Ergebnisse, wenn es um die generelle Einstellung zur Arbeit geht. Fast zwei Drittel der Erwerbstätigen ordnen Arbeit in ihrem Leben zwar als "wichtig oder sehr wichtig" ein. Allerdings stimmt auch jede und jeder Dritte der Aussage "Ich wäre lieber arbeitslos als unglücklich im Beruf" zu. Ein noch größerer Anteil (45 Prozent) würde kündigen, wenn der Job sie daran hindern würde, ihr Leben zu genießen. Mehr als ein Viertel der Befragten hat schon einmal gekündigt, weil sie sich in einem toxischen Arbeitsumfeld befanden.
"Diese Einstellungen haben sich während der letzten Pandemiejahre verschärft, wie auch die aufgekommenen Phänomene 'Great Resignation' und 'Quiet Quitting' zeigen. Der Wunsch, einer sinnstiftenden, erfüllenden Arbeit nachzugehen und diese mit dem Privatleben in Einklang zu bringen, ist stärker ausgeprägt als zuvor", sagt Havas. Drei von zehn Befragten outen sich der Studie zufolge als "Quiet Quitter" – haben ihren Job bereits innerlich "still und leise" gekündigt und machen nur noch Dienst nach Vorschrift, ohne sich darüber hinaus zu engagieren. (dang, 27.3.2023)