Der Bitcoin-Totenkopf von Greenpeace soll bedrohlich wirken und zum Nachdenken anregen. Der Plan dürfte nicht ganz aufgegangen sein.

Foto: Von Wong/Greenpeace

Er ist dreieinhalb Meter hoch, besteht aus großteils aus Elektroschrott und dürfte ein großes Problem haben – zumindest im Sinne der Schöpfer: War der "Skull of Satoshi" als Kunstwerk von Aktivist Benjamin Von Wong und Greenpeace USA gedacht, um gegen Bitcoin als Klimakiller aufmerksam zu machen, wird der Totenkopf in der Community eher als Mischung aus Meme-Vorlage und neues Maskottchen wahrgenommen. Und verdrängt damit die eigentliche Notwendigkeit, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.

Es sollte eine Kunstinstallation werden, die zum Nachdenken anregt: Riesengroß wollten bedrohlich leuchtende Bitcoin-Augen in der von rauchenden Schornsteinen verqualmten Umgebung auf die Klimaauswirkungen hinweisen, die durch das Mining der Kryptowährung entstehen.

Foto: Von Wong/Greenpeace

Gemeinsam mit Kunstaktivist Benjamin Von Wong erschuf die Umweltschutzorganisation Greenpeace USA daher einen Avatar, "um Finanzinstitute zu ermutigen, Verantwortung für die Klimaauswirkungen von Bitcoin-Investitionen, -Produkten und -Dienstleistungen zu übernehmen, die sie anbieten", wie es in der offiziellen Pressemitteilung heißt.

Ein Monster aus Elektroschrott

Der Aufwand dafür war beträchtlich: In einem ausführlichen Youtube-Video und auch über seinen Blog dokumentiert Künstler Von Wong, dass mehr als 1.000 Arbeitsstunden in das Projekt geflossen seien, um den rund dreieinhalb Meter hohen "Skull of Satoshi" zu verwirklichen. Die "Monstrosität" besteht aus einem Holzgerüst, dass mit Styropor ausgestopft und mehr als 300 Teilen Elektroschrott verkleidet ist.

VonWong

Die Laseraugen, die auf den Kampagnen-Fotos teilweise nicht nur den Totenkopf, sondern auch die abgebildeten Personen um ihn auszeichnen, seien eine Anspielung auf den blinden Gehorsam seiner Anhänger. Im Laufe der nächsten Monate soll der Totenkopf mit Greenpeace "auf Tour" gehen, und an verschiedenen Orten dabei helfen, gegen Bitcoin-Mining zu protestieren und einen Denkanstoß bei der Bevölkerung anzuregen.

Der Wunsch nach einem anderen Code

Abgesehen von einer Bewusstseinsschaffung für das Mining-Problem will Greenpeace damit auch ihre Forderung aus der Vergangenheit unterstreichen, den Code von Bitcoin zu ändern. Kampagnen-Direktor Rolf Skar meint dazu: "Wir können es uns nicht leisten, unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen weiter auszubauen, und es liegt an der Bitcoin-Gemeinschaft, Maßnahmen zu ergreifen und ihren Code zu ändern – nicht das Klima – wenn wir hoffen, eine nachhaltige Zukunft für alle zu sichern."

Dieser Behauptung liegt die Annahme zugrunde, dass man Bitcoin einfach auf ein Proof-of-Stake-Verfahren umstellen könne wie es Ethereum im letzten Jahr bereits vorgeführt habe. Dabei werden aber wesentliche Sicherheitsaspekte außer Acht gelassen und nicht zuletzt der Umstand, dass der Code von Bitcoin nicht zentral auf Knopfdruck geändert werden könne.

Die Botschaft kommt nicht an

So weit die Message, die Greenpeace und Von Wong vermitteln wollten. Tatsächlich haben die Schöpfer aber mit der aufwendigen Kunstinstallation offenbar so ziemlich das Gegenteil von dem erreicht, was sie bezwecken wollten. Zumindest dort, wo das eigentliche Umdenken oder wenigstens die Auseinandersetzung mit dem Thema eine große Rolle spielen sollte. In sozialen Netzwerken wird der Skull of Satoshi mitunter als neues Maskottchen für Bitcoin und Steilvorlage für Memes gewertet.

Unter dem Hashtag #SkullofSatoshi finden sich dutzende Twitter-Einträge, die sich über die Totenkopf-Skulptur amüsieren. Während manche Tweets aktiv zu Meme-Wettbewerben auffordern, sind andere schon dabei, Sticker für Telegram anzubieten.

Selbst eine verblüffende Ähnlichkeit mit Laseraugen-Fenchel wird in den Totenkopf hineininterpretiert.

Auch wenn es derzeit so scheint, als sei der Schuss von Greenpeace ordentlich nach hinten losgegangen, wäre der Skull of Satoshi dennoch ein guter Anlass, in Zukunft sachlich und nüchtern über realistische Alternativen zum gegenwärtigen Mining von Bitcoin nachzudenken. Es ist ja nicht so, dass es keine Studien gäbe, die in diesem Zusammenhang auf eine Klimaschädlichkeit hinweisen. (Benjamin Brandtner, 25.3.2023)