Rusesabagina ist gesundheitlich angeschlagen, nach Angaben seiner Familie wurde er in der Haft gefoltert.

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Kigali/Washington – Eineinhalb Jahre nach der international kritisierten Verurteilung des ruandischen Oppositionspolitikers Paul Rusesabagina zu 25 Jahren Gefängnis ist der 68-Jährige aus der Haft entlassen worden. Wie ein US-Regierungsvertreter mitteilte, wurde der durch den Film "Hotel Ruanda" weltweit bekannt gewordene Rusesabagina am späten Freitagabend dem Botschafter von Katar übergeben. Über Katar werde er in sein Exilland USA zurückkehren. International wurde die Entscheidung begrüßt.

Rusesabagina hatte insgesamt 939 Tage im Gefängnis zugebracht. Im August 2020 war er in Ruanda festgenommen worden, als sein Flugzeug mit dem Ziel Burundi ins benachbarte Ruanda umgeleitet worden war. Die Uno hatte dieses Vorgehen als "Entführung" kritisiert. Im September 2021 wurde er in einem umstrittenen Prozess wegen "Terrorismus" zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt. Die Anklage hatte ihm vorgeworfen, eine bewaffnete Rebellengruppe unterstützt zu haben.

Verhandlungen mit Katar

Die Verhandlungen über eine Freilassung des Oppositionspolitikers hatten Ende 2022 begonnen, vergangene Woche kam es bei Gesprächen zwischen Ruandas Präsident Paul Kagame und dem Emir von Katar zu einem Durchbruch, wie eine mit der Sache vertraute Quelle berichtete. Vor zwei Wochen hatte Kagame zugesichert, eine Lösung im Fall des Regierungskritikers zu prüfen.

Rusesabagina ist gesundheitlich angeschlagen, nach Angaben seiner Familie wurde er in der Haft gefoltert. Die Haftstrafen des 68-Jährigen sowie der 19 Mitangeklagten in seinem Prozess seien nun auf Anordnung des Präsidenten "umgewandelt" worden, sagte die ruandische Regierungssprecherin Yokande Makolo.

Justizminister Emmanuel Ugirashebuja warnte jedoch, dass "die Umwandlung der Strafe die zugrunde liegende Verurteilung nicht aufhebt". Laut einer Regierungsquelle, die anonym bleiben wollte, sollten die anderen Inhaftierten am Samstag freigelassen werden.

Berühmtheit durch Film "Hotel Ruanda"

Rusesabagina ist durch den Film "Hotel Ruanda" von 2004 zu internationaler Berühmtheit gelangt. Er handelt vom Völkermord in Ruanda im Jahr 1994. Damals wurden rund 800.000 Menschen getötet, vor allem Angehörige der Volksgruppe der Tutsi. Rusesabagina rettete als Direktor eines Luxushotels in der Hauptstadt Kigali fast 1200 Menschen das Leben.

Rusesabagina wurde später zu einem lautstarken Kritiker Kagames, der das Land seit dem Ende des Völkermords regiert, und gründete seine eigene Partei. Seit 1996 lebte Rusesabagina in Belgien und in den USA im Exil.

US-Präsident Joe Biden sprach von einem "glücklichen Ausgang". Er teile mit Rusesabaginas Familie "die Freude über die heutigen guten Nachrichten".

US-Außenminister Antony Blinken dankte Ruanda für die Freilassung. "Es ist eine Erleichterung zu wissen, dass Paul wieder mit seiner Familie vereint wird", erklärte Blinken. Er dankte Katar für die "wertvolle Unterstützung". "Die USA glauben an ein Ruanda, das friedlich und erfolgreich ist", erklärte Blinken.

Internationales Lob für Entscheidung

Kagames Sprecherin Stephanie Nyombayire schrieb auf Twitter, die Freilassung sei "das Ergebnis des gemeinsamen Wunsches, bei den US-ruandischen Beziehungen neu anzufangen". Die USA hatten im vergangenen Jahr erklärt, dass "Rusesabagina zu Unrecht inhaftiert ist".

Auch Belgien, dessen Staatsbürgerschaft Rusesabagina besitzt, hatte den Prozess gegen ihn kritisiert. Die belgische Außenministerin Hadja Lahbib begrüßte nun "die Entscheidung der ruandischen Regierung".

Rusesabaginas Freilassung würde "einen Fall abschließen, der Ruandas eklatante Missachtung internationaler Standards unterstrichen hat", erklärte der für Zentralafrika zuständige Direktor von Human Rights Watch, Lewis Mudge, am Samstag gegenüber der Nachrichtenagentur AFP.

Menschenrechtsgruppen werfen Ruanda und dem mit harter Hand regierenden Kagame vor, die Meinungsfreiheit und die Opposition zu unterdrücken. Um seine Freilassung zu erwirken, hatte Rusesabagina im Oktober 2022 in einem Gnadengesuch zugesichert, dass er sich bis zu seinem Lebensende nicht mehr politisch in Ruanda engagieren werde. (APA, 25.3.2023)