Bombastischer und bizarrer könnte geht es kaum: Während sich die Tür der blau-weißen Boeing 757 öffnet, dröhnt eine Schnulzenversion von Leonard Cohens Hallelujah aus den Lautsprechern, eine Künstlerin pinselt ein großes Porträt des Redners, das irgendwie dem Konterfei von Abraham Lincoln ähnelt. "Trump oder der Tod" steht auf einem Banner, "Witch Hunt" (Hexenjagd) auf unzähligen Pappschildern.

Werbetour in eigener Sache.
Foto: AFP / Suzanne Cordeiro

Als der Kandidat mit einstündiger Verspätung die Bühne vor tausenden Fans auf dem Flughafen von Waco, Texas, besteigt, legt er voller Pathos die Hand auf die Brust. Statt der Nationalhymne erklingt die von Trump-Passagen unterbrochene Version eines Männerchors, dessen Mitglieder wegen ihrer Beteiligung am Kapitolsturm vom 6. Jänner 2021 verurteilt wurden.

"Globalisten, Marxisten und Kommunisten wollen unser Land zerstören", hebt Donald Trump an. Die USA erlebten gerade eine "stalinistische, russische Horrorshow". Spätestens da ist dem letzten Zuschauer klar, worum es beim offiziellen Wahlkampfauftakt des Ex-Präsidenten geht: um Donald Trump. Der 76-Jährige sieht sich derzeit mit mehreren staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen konfrontiert. Im Fall der Schweigegeldzahlung an die Pornodarstellerin Stormy Daniels scheint eine Anklage unmittelbar bevorzustehen.

"Kriminelle Ermittlungen"

Mehr als eine halbe Stunde lang redet Trump denn auch über sich selbst, bevor er eher lustlos seine politischen Evergreens herunterbetet: Die Demokraten setzten eine teuflische Waffe ein, um die Republikaner um ihren Sieg zu betrügen: "Die kriminelle Ermittlung gegen einen Kandidaten!" Es treffe ihn, obwohl er "der unschuldigste Mann in der Geschichte unserer Nation" sei. Tatsächlich aber gehe es um seine Anhänger: "Ich bin euer Krieger. Ich bin eure Gerechtigkeit. Ich bin eure Vergeltung!"

In dieser irren Welt, die auf die "letzte Schlacht" im Jahr 2024 zusteuert, muss sich der Erlöser gegen mannigfache Mächte des Bösen erwehren. Da ist nicht nur Staatsanwalt Alvin Bragg, den Trump einen "degenerierten Psychopathen" genannt hat, sondern auch Floridas Gouverneur Ron DeSantis, der angeblich einst um seine Unterstützung jammerte und sich nun zu einer Gegenkandidatur erdreistet. "Er fällt wie ein Stein", kommentiert Trump dessen Umfrageergebnisse. Und schließlich Stormy Daniels, deren Schweigegeld von 130.000 Dollar er fälschlich als "Anwaltskosten" verbucht habe. "Ich mochte das Pferdegesicht nie", beleidigt er die Ex-Geliebte und kokettiert zugleich mit dem Gedanken an eine Affäre. Nur: "Sie wäre es nicht gewesen."

"Tod und Zerstörung"

Nach anderthalb Stunden ist der Spuk in Waco vorbei. Der Horror für das Land aber bleibt. Mit "Tod und Zerstörung" hat Trump für den Fall seiner Anklage vieldeutig gedroht.

Passenderweise verlost seine Kampagne unter den Zuschauern der Kundgebung 250 kostenlose "Trump"-Messer. Sie haben einen Griff in den Farben der Nationalflagge und eine laut Werbetext eine "rasiermesserscharfe" Klinge. (Karl Doemens aus Washington, 26.3.2023)