Johannes Lamparter herzt die hochverdiente Kugel. Ihr könnten angesichts der Jugend des Weltcupsiegers noch viele Trophäen folgen.

Foto: EPA/BRANDT

Die letzten zehn Loipenkilometer einer denkwürdigen Saison begriff Johannes Lamparter am Sonntag als Genussprojekt. Schon am Samstag hatte der 21-jährige Tiroler schließlich den nach eigener Ansicht bisher größten Erfolg seiner Karriere unter Dach und Fach gebracht. Rang elf hatte gereicht, um als dritter Österreicher nach Klaus Sulzenbacher (1987/88, 1989/90) und Felix Gottwald (2000/01) den Gesamtweltcup in der nominellen nordischen Königsdisziplin zu gewinnen.

Am Sonntag ließ Lamparter die Saison noch mit Rang 14 ausklingen, nahm dann die große Kristallkugel entgegen und liebkoste sie.In der Vorsaison hatte sich Lamparter in Oberstdorf zum Weltmeister von der Großschanze und zusammen mit Lukas Greiderer im Teamsprint gekürt, aber im Weltcup Jarl Magnus Riiber den Vortritt lassen müssen. Der Norweger, mit seinen 25 Jahren der kompletteste Kombinierer der Gegenwart, hatte in dieser Saison eine Pause im Weltcup eingelegt und so seinen Herausforderern eine Chance geboten. Lamparter ergriff sie, übertraf mit sieben Siegen Gottwalds österreichischen Rekord und kam schließlich 54 Punkte vor dem Norweger Jens Luraas Oftebro ins Saisonziel.

Gönnen können

Es liegt an Lamparters Charakter, dass er kein Problem damit hat, Riiber Überlegenheit zuzugestehen, wenn der Mann aus Oslo auf der Höhe seiner Schaffenskraft ist. Schwächelt Riiber, wie zu Beginn des letzten Saisondrittels auch krankheitsbedingt, ist Lamparter zur Stelle. In Seefeld, wo Riiber wegen eines schadhaften Sprunganzugs im zweiten Bewerb des Triples disqualifiziert wurde, dämmerte ihm, dass es in dieser Saison mit dem Weltcup klappen könnte.

Riiber fand bis zur WM in Planica, wo er alle vier möglichen Goldmedaillen holte, nicht mehr in den Weltcup zurück, war zum Abschluss in Lahti in der Gesamtabrechnung schon chancenlos, feierte aber die Saisonsiege sieben und acht. Im Schnitt holte er bei jeder seiner Zielankünfte rund 20 Punkte mehr als Lamparter, kam aber auch fünfmal hinter dem Österreicher an.Der hatte nach der großartigen Vorsaison einen deprimierend schwachen Saisonstart, kämpfte sich aber über Weihnachten aus dem Gröbsten heraus und setzte im neuen Jahr zu einer Serie von Podestplätzen an, die Mario Stecher ein Loblied anstimmen ließen.

"Es spricht für seine Persönlichkeit und sein Umfeld, wie er das gemeistert hat", sagte der sportliche Leiter für Kombination und Skispringen im österreichischen Skiverband über den Gesamtweltcupsieger aus Rum bei Innsbruck.

Alles gestemmt

Neben den diversen Trainern waren vor allem die Eltern Karrieretreiber. Lamparter, der wie seine Schwester dem Gewichtheben frönte – er war drei Mal Vizemeister in der Allgemeinen Klasse mit den Bestleistungen von 74 Kilogramm im Stoßen und 60 Kilogramm im Reißen – erwies sich schon früh als Bewegungstalent in vielen Bereichen. Unterstützung holt sich der Stams-Absolvent auch bei der Agentur des Sportwissenschaftlers- und -ökonomen Patrick Murnig, dem unter anderen auch Skisprungstar Stefan Kraft vertraut.

Daran, dass Lamparter die nordische Kombination in schwierigen Zeiten – der Olympia-Status ist in Gefahr – über Jahre prägen kann, zweifelt auch Pionier Klaus Sulzenbacher nicht. Der Kitzbüheler, der übrigens in Lamparters Heimat Rum eine Physiotherapie-Praxis betreibt, sieht noch viele Erfolge für seinen "Erben", "wenn er sich nicht verletzt oder sonst etwas Unvorhergesehenes passiert".

Beim Sieger von bisher zehn Weltcupbewerben komme "es fast nie vor, dass er mal einen Nuller schreibt – er ist immer da. Ich denke schon, dass er besser ist als es ich oder Felix Gottwald waren", sagte Sulzenbacher in einem Gespräch mit laola1.at. "Er ist wirklich ein perfekter Kombinierer." (Sigi Lützow, 26.3.2023)