Handelt Russlands Präsident Wladimir Putin aus einer Position der Schwäche heraus? Das Gegenteil ist der Fall.

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Nun also kommen russische Atomwaffen nach Belarus. Droht jetzt das atomare Inferno? Davor haben viele Menschen Angst. Die meisten Militärexperten, auch US-amerikanische, geben aber Entwarnung: Einen atomaren Erstschlag Moskaus hat Präsident Wladimir Putin stets dementiert. Und im Kampf in der Ukraine braucht Russland auch keine Atomwaffen.

Die Ankündigung, Atomsprengköpfe in Belarus zu stationieren, ist eher eine weitere Drohgebärde in Richtung Nato. Und natürlich ein Zeichen in Richtung des russischen Vasallenstaates Belarus: Dort herrscht mit Machthaber Alexander Lukaschenko ein Autokrat, dessen politische Macht zu einhundert Prozent von Wladimir Putin abhängig ist. Und der gleichzeitig das Problem hat, dass seine Bevölkerung auch nach der brutalen Unterdrückung jeglicher Opposition durchaus nicht geschlossen hinter Putins "Spezialoperation" in der Ukraine steht. Doch Russland finanziert das Land und hat das Sagen.

Russland Richtung Weltmacht

Handelt Russlands Präsident aus einer Position der Schwäche heraus? Das Gegenteil ist der Fall: Vergangene Woche besuchte Chinas Staatschef Xi Jinping Putin in Moskau. Die "lieben alten Freunde" haben eine neue "Ehe" unter Autokraten geschlossen. In seinem Streben, Russland wieder zur Weltmacht zu führen, hat Putin gepunktet.

Sicherlich: Die Kooperation in Sachen Wirtschaft, Politik und Militär steht zunächst nur auf dem Papier. Russland will Gas und Öl nach China liefern. Dafür muss aber erst noch Infrastruktur geschaffen werden. Gaspipelines, Verflüssigungsanlagen für Gas, Transportwege und vieles mehr. Das kann dauern – aber die Weichen sind immerhin gestellt. Und damit könnte auch eine Bedrohung für Europas Wohlstand einhergehen. Selbst wenn die Energiewende gelingt, selbst wenn ein milder Winter den Gasverbrauch senkt: Energie wird nie wieder so billig sein wie zuvor. Umgekehrt will China Konsumgüter nach Russland liefern. Die Sanktionen des Westens würden so zumindest teilweise ins Leere laufen.

Ausdehnung bei Bedarf

Über offizielle Waffenlieferungen aus China nach Russland ist bislang nichts bekannt. Kämen diese, dann könnte Wladimir Putin – wenn nötig – seine "Spezialoperation" in der Ukraine noch lange weiterführen. Und bei Bedarf auch ausdehnen.

Für den Westen ist jetzt wohl Umdenken angesagt. So schmerzlich es klingt: auch in Sachen Ukraine. Jahrelange Kämpfe dort wird der Westen nicht finanzieren können. Die EU und die USA haben der überfallenen Ukraine unbegrenzt Hilfe zugesagt. Moralisch ist das sicherlich richtig. Realistisch ist es nicht.

Waffenstillstand, dann Frieden

Die Reise muss zunächst in Richtung Waffenstillstand gehen – und dann in Richtung Frieden. Und über den Weg dahin muss auch der Westen, der bezahlt, mitentscheiden dürfen. Und nicht nur die Ukraine. Die Maximalforderungen beider Seiten lassen bisher keinen Kompromiss zu. Der aber ist notwendig. Beide Seiten müssen dazu bereit sein.

Bleibt zu hoffen, dass Chinas starker Mann Xi Jinping seinen alten, neuen Freund Wladimir Putin in Richtung Frieden drängt. Und umgekehrt müssen die USA und die EU auf die Ukraine einwirken. US-Außenminister Antony Blinken hat bereits reagiert: Vorsichtig formuliert, ließ er durchblicken, dass die USA die Rückeroberung sämtlicher annektierter Gebiete durch Kiew für nicht wahrscheinlich halten. (Jo Angerer, 27.3.2023)