Diese Judikatur des Obersten Gerichtshofs ist wohl auch auf andere gleichartige Meldepflichten eines Arbeitnehmers anzuwenden.

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Die kürzlich ergangene Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) zur Meldepflicht von Leiharbeitskräften im Krankenstand (OGH 16.2.2023, 9 ObA 100/22d) ist für die Leiharbeitsbranche von grundsätzlicher Bedeutung. Es stellt sich nämlich die allgemeine Frage, in welchen Konstellationen die Meldung an das Beschäftigerunternehmen genügt und wann jedenfalls der (vertragliche) Arbeitgeber informiert werden muss.

Der höchstgerichtlichen Entscheidung lag ein etwas ungewöhnlicher Sachverhalt zugrunde. Der Leiharbeitnehmer war von seiner Arbeitgeberin an ein anderes Unternehmen zur Arbeitsleistung überlassen worden. Am letzten Tag seines Arbeitsverhältnisses wurde er während der Schicht krank, weshalb ihn der Vorarbeiter vorzeitig nach Hause schickte. Am nächsten Tag rief der Arbeitnehmer den für ihn zuständigen Meister im Beschäftigerbetrieb an und meldete rückwirkend seinen Krankenstand. Wegen der Beendigung der Überlassung unterließ der Beschäftigerbetrieb die Weiterleitung der Meldung an den Dienstgeber des Arbeitnehmers.

In der Folge klagte der Arbeitnehmer seine Arbeitgeberin auf Entgeltfortzahlung für die Dauer seines Krankenstandes. Diese entgegnete, er habe ihr nicht (rechtzeitig) seinen Krankenstand gemeldet. Tatsächlich hatte sie vom Krankenstand erst nach dessen Ende erfahren.

Meldepflicht für Arbeitnehmer

Nach dem Gesetz muss der Lohn nur weitergezahlt werden, wenn der Arbeitnehmer den Krankenstand unverzüglich seinem Arbeitgeber meldet. Unterlässt er dies, steht ihm für die Dauer der Säumnis kein Lohn zu. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses beendet den Anspruch auf Entgeltfortzahlung hingegen nicht. Seit 2017 gilt dies auch für die einvernehmliche Beendigung.

Da im konkreten Fall die Arbeitsunfähigkeit wenige Stunden vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses eingetreten war, hatte der Leiharbeitnehmer grundsätzlich weiterhin Anspruch auf seinen Lohn. Entscheidend war daher, ob er mit der Mitteilung des Krankenstandes an den Beschäftigerbetrieb seine gesetzliche Meldepflicht erfüllt hatte.

Im Unterschied zu den unteren Instanzen bejahte der OGH diese Frage. Dieser hielt zunächst fest, dass die Meldepflicht grundsätzlich gegenüber dem Arbeitgeber bestehe. Im Fall der Arbeitskräfteüberlassung reiche hingegen regelmäßig die Meldung an den Beschäftiger aus. Da der Beschäftiger bestimmte Arbeitgeberfunktionen gegenüber der Leiharbeitskraft wahrnehme (zum Beispiel den Arbeitnehmerschutz), dürfe diese grundsätzlich davon ausgehen, dass eine Krankmeldung unverzüglich an den Arbeitgeber weitergeleitet werde. Im vorliegenden Fall habe es für den Arbeitnehmer jedenfalls keinen Grund für die gegenteilige Annahme gegeben.

Arbeitgeber für Vertrag zuständig

Diese Judikatur ist wohl auch auf andere gleichartige Meldepflichten eines Arbeitnehmers anzuwenden. Dies betrifft jedenfalls andere faktische, familiäre oder rechtliche Hinderungsgründe, wie etwa eine Verkehrsstörung, die Hochzeit eines nahen Angehörigen oder die Aussage als Zeuge vor Gericht. Es empfiehlt sich daher für Arbeitgeber, im Überlassungsvertrag mit dem Leiharbeitsunternehmen eine Pflicht zur unverzüglichen Weiterleitung derartiger Meldungen zu verankern.

Geht es hingegen nicht um die Arbeitsleistung, sondern um den Arbeitsvertrag, so ist hierfür ausschließlich der Arbeitgeber zuständig. Dies betrifft vor allem die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, aber auch eine allfällige Mitteilungs- bzw. Genehmigungspflicht bezüglich einer Nebenbeschäftigung oder geänderter Personalien. (Andreas Tinhofer, 28.3.2023)