Köstliches Safran: In dem weitläufigen, immer gut besuchten Lokal wird der persischen Küche am Grill und im Topf die Ehre erwiesen.
Foto: Gerhard Wasserbauer

Safrangasse hat Wien bis dato noch keine, also ist wohl die Nussdorfer Straße die beste Adresse für ein richtig gutes persisches Restaurant. Was die Iraner mit der Walnuss anzufangen wissen, mit welcher Virtuosität sie in Saucen und Marinaden, Cremes und Eintöpfen zum Einsatz kommt und in der Kombination mit Kräutern (meist schüppelweise), aber auch mit Granatapfelsaft, grandiose, hierorts noch wenig bekannte Geschmackssensationen hervorruft, ist ziemlich überwältigend.

Wegen der Verfolgung Andersdenkender durch das fundamentalistische Regime im Iran gibt es auch in Wien seit Jahrzehnten eine gar nicht so kleine exilpersische Community. Eine Konsequenz daraus sind Restaurants wie das Safran, in denen die Küche des Landes in verschiedenen Spielarten gepflegt wird. Betreiber Amir Tavassoti ist in der Exil-Opposition aktiv und hat, wegen der anhaltenden Protestbewegung in der Heimat, gerade besonders viel zu tun. Das Restaurant versteht er als eine Art Hafen für andere Exil-Iraner, aber mindestens ebenso als Gelegenheit, seinen Mit-Wienern ein anderes Persien zu präsentieren als das, was sie in den Nachrichten erleben.

Das Safran hat zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt, wenige Wochen vor dem ersten Lockdown, eröffnet, inzwischen sollte man aber reserviert haben – Freitag und Samstag, wenn es zum Essen ganz wunderbare Livemusik gibt und Spezialitäten außerhalb der Karte aufgetischt werden, am besten eine Woche im Voraus.

Von links: Basmati-Safranreis mit löffelweich geschmorter Hendlhaxe, ein Teller frischer Kräuter und milder weißer Zwiebel, gegrilltes Lamm sowie Hendlhaxe in einer kraftvollen Marinade.
Foto: Gerhard Wasserbauer

Die Liste der Gerichte ist lang, eine ganze Seite widmet sich veganen Speisen, jeweils zwei sind es bei den Spezialitäten vom Grill und den legendären Eintöpfen. Kuku Sabzi ist eine Omelette, die vor lauter Kräutern tiefgrün zu Tisch kommt, hoch aufgegangen und am Rand knusprig, nach innen hin immer flaumiger. Das Chlorophyll der Kräuter bekommt durch eine ordentliche Dosis Knoblauch ("Wildknoblauch") Kontra, dazu gibt es köstlich saure Essiggurken – guter Start. Noch besser: Kashke Bademjan, bis zur Cremigkeit geschmorte Melanzani in einer seidenweichen Walnusssauce, dazu gebratene Minze und Sauerrahm, obendrauf eine ganze Lage himmlisch knuspriger, ganz langsam frittierter (und unheimlich milder) Chips aus Knoblauch und Schalotte – irrsinnig gut, total exotisch.

Lamm und Limette

Kabab Shishlik, Lammkoteletts vom Grill, sind zart mariniert, sanft rauchig, vor allem aber wunderbar saftig und ideal rosa gebraten – hohe Schule des Grillmanagements. Kabab Torsh will man aber auch haben, saftige, große Stücke vom Lamm in einer kraftvollen Marinade aus Granatapfel, getrockneten Limetten und Walnüssen – süß, sauer, hoch aromatisch. Dazu gibt es luftig langkörnigen Basmati-Safranreis oder warmes dünnes Fladenbrot – und, zum Dazubestellen, einen Teller frischer Kräuter und milder weißer Zwiebel.

Den Reis gibt es auch zu den Eintöpfen, zu Khoresht Fesenjan etwa, mit ausgelöster, buchstäblich löffelweich geschmorter Hendlhaxe in einer vielschichtigen Sauce aus Nüssen und Granatapfelmolasse, wieder mit tollem Säurespiel, sehr gut. Gheyme Bademjan mit Melanzani, Kalb und gelben Linsen bekommt knusprig frittierte Erdäpfelpartikel obenauf, die Sauce hat feine Limettennoten. Noch besser: Morasa Polo, leicht verwirrend als Reisauflauf beschrieben, eine Art dekonstruiertes Pilau mit Mandeln, Pistazien und fruchtig sauren Berberitzen obenauf und einer abermals großartig mürb geschmorten Hendlkeule in vergleichsweise sanfter Safransauce. Pale Ale von Schleppe war leider aus, so muss man sich mit dem – eh ganz ordentlichen – bernsteinfarbenen Hausbier von Villacher begnügen. Eine kleine Auswahl an Weinen (Pittnauer, Zuschmann-Schöffmann, Unger …) gibt es aber auch. (RONDO, Severin Corti, 31.3.2023)