Leonidas Kavakos: Nach Brahms gab es Bach als Zugabe.

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Wien – Mit kleiner, flüchtiger Handbewegung beendet Herbert Blomstedt dankend den großzügigen Applaus, welcher ihn im Wiener Musikverein auf seinem langsamen Weg zum Dirigierpult begleitet. Der Schwede (Jahrgang 1927) will die exzessiven Huldigungen offensichtlich nicht ausufern lassen. Dass die Akklamationen nach dem Handzeichen gleich abebben, zeigt dabei aber auch, wie aufmerksam man dem Nestor der aktuellen Dirigierzunft folgt. Und gewiss verbirgt so mancher seine Irritation über die fünfte Symphonie des dänischen Komponisten Carl Nielsen hinter der Bewunderung für den Dirigenten, der mittlerweile im Sitzen Klänge modelliert.

Es ist diese Fünfte, man hört es in der engagierten Interpretation der Wiener Philharmoniker, tatsächlich ein seltsames Werk, so man vom symphonischen Mainstream her analysiert. Zweisätzig angelegt, rückt Nielsen das Schlagwerk in den Vordergrund.

Wie eine Maschine

Gleichzeitig sind da maschinell wirkende Strukturen, über die sich Blechbläserelegien legen, bis sich das Geschehen in eine dramatische Tuttiwelle verwandelt. Zuzüglich der vorwärts jagenden Streicherlinien, der fugenartigen Verarbeitung von Motiven und den schließlich wilden, virtuosen Passagen wirkt das 1922 komponierte Werk regelrecht als Inspirationsquelle eines Dimitri Schostakowitsch.

Im Verhältnis war die romantische Welt von Brahms’ Violinkonzert, das Nielsen vorausging, natürlich ebenmäßig. Allerdings hat es dieser Dialog zwischen Orchester und Solist in sich, zudem ist Geiger Leonidas Kavakos kein Advokat der süßlichen Unverbindlichkeit.

Er stürzt sich ins Finale und ist im Allegro der differenzierte Interpret, der manchen Lauf laserhafte Klarheit verleiht. Im Adagio legt er über die friedvolle Orchesteratmosphäre dann aber wehmütige Sanglichkeit. Nicht unpassend als Zugaben Sarabande und Double aus Bachs Partita No. 1: Unpathetische Kantilene, barocker "Swing" und vital zelebrierte Kontrapunktik vereint – das gefiel wohl auch Maestro Blomstedt. (Ljubisa Tosic,28.3.2023)