Ministerin Leonore Gewessler ärgert Landeshauptmann Christopher Drexler. Sie lehnt seine Forderung nach einem Bahnhof am Flughafen kategorisch ab.

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Fluggäste müssen mit Trollys, die bei den Rädern untergestellt sind, von der Regionalhaltestelle der ÖBB 300 Meter im Freien zum Terminal.

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Die Großbaustelle für die Koralmbahn beim Flughafen kommt langsam in die Endphase.

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Und vielleicht bewegt sich ja doch noch etwas rund um das Milliardenprojekt der Koralmbahn – bei dem eine Haltestelle am Flughafen Graz "übersehen" worden ist.

Nachdem der STANDARD über den Murks am Grazer Airport, wo laut Planung die künftige Schnellbahn ohne Halt vorbeirauscht, berichtet hatte, kamen vielerorts die Erinnerungen an den alten Flughafen-Deal aus der "Haider-Zeit" wieder hoch.

Der ehemalige Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und Kärntens Ex-Landeshauptmann Jörg Haider hatten seinerzeit vereinbart, dass die zu planende Koralmbahn nicht am Flughafen Graz haltmachen dürfte, damit – so die Forderung Haiders – dem Klagenfurter Airport keine Nachteile durch einen Bahnhof am Grazer Flughafen erwachsen. Der politische Wille floss später in die Planungen der staatseigenen ÖBB ein, und so wurde die Bahn eben ohne Stopp am Flughafen vorbeikonzipiert.

Langer Fußmarsch

Die 6,1 Milliarden teure Koralmbahn verkürzt die Bahnfahrt ab 2025 von Klagenfurt nach Graz von rund drei Stunden auf 45 Minuten. Wer aktuell aus Kärnten kommend zum Grazer Airport will, muss bis zum Hauptbahnhof Graz fahren, dort auf den Regionalzug warten und mit diesem zurück zum Grazer Flughafen fahren.

Aus Norden anreisende Gäste müssen ebenfalls am Grazer Hauptbahnhof umsteigen und anschließend von der kleinen Haltestelle beim Flughafen mehr als 300 Meter im Freien ihr Gepäck bis zum Terminal transportieren. Daran würde sich auch mit der Koralmbahn nach derzeitigem Stand nichts ändern.

Jetzt aber, da die Bahn am Flughafen im Rohbau fertig ist, regt sich plötzlich breiter regionaler Protest. Man solle endlich "aufhören mit diesem Schildbürgerstreich".

Dass die Koralmbahn, ohne haltzumachen, vor der Haustür des Grazer Flughafens vorbeiziehe, treibe ihn "zur Weißglut", schimpfte Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP) kürzlich in seiner "Steiermarkrede". Sein Stellvertreter Anton Lang (SPÖ) forderte ebenso eine "zeitnahe Aufnahme des Bahnhofs am Flughafen Graz in den Rahmenplan der ÖBB" – sowie "eine entsprechende Umsetzung". Dies sei für die Steiermark von "essenzieller Bedeutung".

"Metaregion"

Und auch die Industriellenvereinigung (IV) rückt jetzt aus. IV-Steiermark-Präsident Stefan Stolitzka spricht von einer "einmaligen Jahrhundertchance für die gesamte Metaregion von Graz bis Klagenfurt und Marburg". Der Bahnhof wäre in Anbetracht des hohen Stellenwerts der Erreichbarkeit internationaler Märkte für die steirische und die Kärntner Wirtschaft ein entscheidender Zukunftsimpuls. "Der Flughafen Graz wird mit einer entsprechenden Anbindung an die neue Südbahnstrecke sein Potenzial für den Wirtschaftsraum Kärnten und Steiermark voll entfalten und zum Hub für beide Regionen werden", argumentiert Stolitzka.

Und wie steht Kärnten heute zur alten Abmachung? Kärnten werde sich einer "konstruktiven Diskussion" über einen möglichen Halt der Koralmbahn nicht verschließen. "Auch wenn unser Flughafen in Klagenfurt für uns oberste Priorität hat", gelte es nun, auszuloten, unter welchen Voraussetzungen dieser Halt in Graz so realisiert werden könne, dass auch Kärnten davon profitiert", lässt Landeshauptmann Peter Kaiser ausrichten. So sei etwa denkbar, "dass beide Flughäfen miteinander kooperieren und ihr Angebot aufeinander abstimmen. Solche Bestrebungen wären durchaus wünschenswert."

"Ohne jede Einschränkung" spricht sich wiederum der Vizepräsident der Kärntner Wirtschaftskammer, Otmar Petschnig, für den Bau der Haltestelle am Grazer Airport aus.

Am Wochenende hat die zuständige Ministerin Leonore Gewessler (Grüne) die Baustelle am Flughafen besucht und einen dicken Strich durch die Rechnung der Regionalpolitiker gemacht. Es werde am Flughafen Graz keine Haltestelle geben. Das sei in den Planungen "nicht vorgesehen". Basta.

Steirer wollen nicht aufgeben

Wobei "vorgesehen" sich nur auf die aktuelle Planung beziehen kann, denn die ÖBB hat für den Fall, dass sich die politische Meinung ändere, bereits Vorkehrungen getroffen. Ein Ausstieg beim Flughafen wäre jederzeit machbar, dazu liegen bereits Pläne in der Schublade, wie der STANDARD erfuhr.

In der Steiermark will man jedenfalls das "Nijet" der grünen Ministerin so nicht hinnehmen. Landeshauptmann Drexler und sein roter Stellvertreter Anton Lang wollen sich im Bund unbeirrt weiter für einen Halt der Koralmbahn beim Flughafen einsetzen. "Die Koralmbahn ist die entscheidende Weichenstellung für den Süden Österreichs und weit darüber hinaus. Sie ist ein ganz wesentlicher Lückenschluss in der europäischen Infrastruktur. Daher muss es möglich sein, diesen – für mich unverständlicherweise in der Ursprungsplanung nicht vorgesehenen – Halt beim Flughafen Graz zu ermöglichen. Das darf nicht einfach abgetan werden, sondern muss zumindest ernsthaft geprüft werden. Denn ich hoffe, dass dahinter keine ideologischen Überlegungen stehen", sagt Drexler in Richtung der grünen Ministerin Gewessler.

Meinungsumschwung bei der ÖVP

Für die steirischen Neos kommt die Kritik von ÖVP und Landeshauptmann Drexler aber etwas spät. Sie erinnern daran, "dass es die ÖVP selbst war, die mit ihrem damaligen Koalitionspartner FPÖ – sowohl im Bund als auch in der Stadt Graz – die logische Anbindung der Koralmbahn an den Grazer Flughafen" verhindert habe.

"Nach dem Meinungsumschwung in der ÖVP braucht es jetzt ein gemeinsames Bekenntnis von Stadt und Land zum Flughafen und zur Finanzierung der Haltestelle", sagt Landessprecher und Klubobmann Niko Swatek. Er werde einen diesbezüglichen Antrag im Landtag stellen. Swatek erinnert daran, dass die Neos bereits 2019 im Grazer Gemeinderat einen Antrag gestellt hatten, mit der Forderung, Gespräche mit der Bundesregierung und der ÖBB aufzunehmen, "um einen Vollausbau des Grazer Flughafentunnels, an der Koralmbahn, samt Haltestelle so schnell wie möglich durchzuführen".

"Schwarz-Blau hat diesen Antrag im Grazer Gemeinderat aber abgeschmettert. Selbst die damals von der ÖVP in Aussicht gestellte flache Rolltreppe zum Terminal als Alternative zur Bahn blieb ein Luftschloss", sagt Swatek. (Walter Müller, 28.3.2023)