Nach dem SPÖ-Vorstand wollte nur Hans Peter Doskozil mit den Medien sprechen.

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Wien – Hans Peter Doskozil ist grantig. Das sieht man dem burgenländischen Landeshauptmann an. Das Problem: Seit auch Andreas Babler seine Kandidatur bekanntgegeben hat, hat sich die Meinung darüber, was die Mitgliederbefragung kann und soll, geändert. Von einem "Stimmungsbild" sprechen mittlerweile hohe Vertreter der Sozialdemokratie. Darunter Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch. Der Parteitag, der werde das Finale bringen, ist man sich an der aktuellen Spitze der SPÖ sicher.

Nach der Sitzung des SPÖ-Vorstandes am Montag sollte in einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit die weitere Vorgehensweise in der Wahl zum Parteichef oder zur Parteichefin erklärt werden. Beim Verlassen des Sitzungssaals waren die Genossinnen und Genossen aber nicht für Stellungnahmen zu haben. Nur der burgenländische Landeshauptmann Doskozil ließ im Interview mit Puls 24 durchblicken, dass er unzufrieden mit "technischen Details" ist.

Doskozil will mit "nur einer Stimme weniger" nicht kandidieren

Denn: Noch vor wenigen Tagen vereinbarten die amtierende SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner und ihr Kontrahent Doskozil, dass sich nur derjenige oder diejenige, der oder die beim Mitgliedervotum gewinnt, auch dem Parteitag im Juni stellen wird. Doch nun stellt sich, angesichts von 73 Kandidaturen, die Frage: Was, wenn niemand eine Mehrheit – als mehr als 50 Prozent – im Mitgliedervotum erzielt?

Für Doskozil ist das ganz klar. Er will sich dem Willen der Mitglieder beugen, das teilte er nach der stundenlangen Vorstandssitzung am Montag mit. Und selbst wenn er "nur eine Stimme" hinter Rendi-Wagner oder einem anderen Kandidaten zu liegen kommt, sagte Doskozil, wird er sich auf dem Parteitag nicht um den Vorsitz bewerben.

"Es ist keine Wahl, sondern eine Mitgliederbefragung", erklärte Deutsch wiederum nach den Gremiensitzungen bei einer Pressekonferenz. Und verwies auf das Parteistatut: "Jedes Mitglied kann sich im Rahmen einer Frist bei der Wahlkommission um eine Kandidatur bewerben." Dass es sich um eine Befragung und keine Wahl handle, betonte Deutsch auch mehrmals in der "ZiB 2" am Montag. Eine Stichbefragung könne es außerdem nicht geben. Es ist also denkbar, dass man ohne absolute Mehrheit auf den Parteitag zugehen wird.

Unmut in den Ländern

Und nicht nur Doskozil war am Montag offensichtlich enttäuscht. Die rote Ratlosigkeit war Tirols oberstem Sozialdemokraten Georg Dornauer am Montagvormittag regelrecht ins Gesicht geschrieben. Und darum machte er seinem Ärger zwischen den zwei Gremiensitzungen auch gleich Luft: Die SPÖ dürfe sich nicht in den "Eindruck der Lächerlichkeit manövrieren", monierte Dornauer nach dem Parteipräsidium und vor dem Vorstandstreffen. Er habe vor Problemen beim Mitgliedervotum gewarnt, wenn jede und jeder kandidieren könne. "Wir müssen jetzt retten, was zu retten ist."

30 Unterschriften

Mehr als 70 Bewerberinnen und Bewerber haben sich im Rennen um den Parteivorsitz gemeldet. 9.000 Mitglieder kamen in den vergangenen Tagen dazu. Und wie man mit der Öffnung umgehen soll, das war die große Frage, die die Gremien am Montag beantworten sollten. Die Debatte dauerte, "viele verschiedene Anträge" sollen aus den Ländern eingebracht worden sein. Darunter eine Forderung aus Oberösterreich. Besonders der dortige SPÖ-Parteichef Michael Lindner wollte das Feld der Kandidatinnen und Kandidaten daher nachträglich ausdünnen. Die Bewerberinnen und Bewerber sollten wenige Hundert Unterstützungserklärungen vorlegen, forderte Lindner. Einen ähnlichen Vorschlag machte die Wiener SPÖ Alsergrund, deren Vizechef Nikolaus Kowall eben erst seine Kandidatur zurückgezogen hatte.

Eine Hürde hielt SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch zu Mittag noch für "unseriös". Einigen konnte man sich dann allerdings auf 30 Unterstützungserklärungen, wie Deutsch später berichtete. Unterstützungserklärungen gab es bereits bei einer anderen Partei: Als die Wiener Grünen sich um die Nachfolge von Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou bemühten, mussten die Interessierten vor ihrer Kandidatur 100 Personen von sich überzeugen.

Die Frage, warum es nun doch Unterstützungserklärungen gebe, beantwortete Deutsch in der "ZiB 2" mit der Bemerkung, dass die Verfahrensbestimmungen erst am Montag beschlossen worden seien. "Wir haben nicht damit gerechnet, dass es insgesamt 73 Bewerbungen gibt", so Deutsch.

Rendi-Wagner, Doskozil, andere

Die Bewerbungen müssen bis Freitag um eine kurze Vorstellung samt Foto ergänzt werden. Deutsch geht nicht davon aus, dass nach der Sichtung durch die Partei alle 73 Kandidaturen übrig bleiben werden. Geprüft würde beispielsweise, ob die Kandidatinnen und Kandidaten bei keiner anderen Partei aktiv sind, Vorstrafen haben und passiv für den Nationalrat wahlberechtigt sind.

Auf dem "Befragungszettel, nicht Stimmzettel", diese Formulierung war Deutsch besonders wichtig, wird es zudem folgende Reihung der Kandidatinnen und Kandidaten geben: erst Pamela Rendi-Wagner, dann Doskozil, dann alle anderen – gereiht nach Einlangen der Kandidatur.

Nachfrist für Mitglieder

Dass die internen Konflikte öffentlich kein gutes Bild abgeben, sei ihm bewusst, sagte Deutsch in der "ZiB 2" am Montag. Jedoch müsste zuerst die Führungsdebatte geklärt werden, um sich "danach darauf zu konzentrieren, was unsere Aufgabe ist" und die Wählerinnen und Wähler mit politischen Maßnahmen zu überzeugen.

Starten wird die Befragung wie berichtet am Tag nach der Salzburg-Wahl. Von 24. April bis einschließlich 10. Mai können die Mitglieder entweder per Brief oder online abstimmen. Diejenigen, die bis Freitagnacht noch SPÖ-Mitglieder wurden, aber nicht in das System eingetragen wurden, können noch ergänzt werden, berichtete Deutsch bei einer Pressekonferenz im Anschluss an die Gremien. Etwa die SPÖ Alsergrund hatte sich mit diesem Anliegen in einem Brief an Deutsch gewandt. (Oona Kroisleitner, Jan Michael Marchart, Michael Windisch, 27.3.2023)