Schön, wenn CO2-arme Technologien plötzlich so viel Aufmerksamkeit erhalten wie aktuell E-Fuels. Im jetzt von den EU-Staaten final beschlossenen Verbrenner-Aus hat Deutschland ihnen ein Schlupfloch erkämpft: Autos mit Verbrennungsmotoren dürfen auch nach 2035 noch verkauft werde, sofern sie ausschließlich mit E-Fuels betankt werden können. Allerdings ist synthetischer Kraftstoff knapp und teuer. Der Hochlauf von industriell produzierten E-Fuels wird noch einige Zeit lang dauern – und auch in Zukunft wird er vor allem in Bereichen wie der Luft- und Schifffahrt sowie in der chemischen Industrie gebraucht. Kurz: E-Fuels können nur ein kleiner Teil der gewaltigen Umstellungen sein, die nötig sind, um die weitere Erhitzung der Erde abzubremsen.
Dennoch lösten sie eine breite Debatte über die Rolle von Innovation in der Klimapolitik aus. Bundeskanzler Karl Nehammer, der Deutschlands E-Fuel-Vorstoß unterstützte, machte dazu deutlich, dass er auf technologische Lösungen statt auf rechtliche "Verbote" setzt. Dazu drängt sich die Frage auf, wie er die Klimaneutralität insgesamt erreichen will. Die Fachleute des UN-Weltklimarates sagen nämlich deutlich: Innovation allein wird es keinesfalls richten, die Veränderungen müssen sehr viel umfassender sein. Das unterstrichen auch die Bürgerinnen und Bürger im Österreichischen Klimarat mit ihren 93 Forderungen an die Politik.
Viele mögliche Lösungen
Anstatt uns also in Diskussionen über Innovationen und Verbote zu verlaufen, wäre es höchste Zeit für einen konkreten Plan. Welche Schritte können wie viele Emissionen sparen? Welche Maßnahmen sind nötig – und welche sind uns als Gesellschaft zu teuer? Wie gelingen sozial gerechte Reformen? Szenarien, wie die Umstellung grundsätzlich gelingen kann, gibt es mehrere. Jetzt ist die Politik gefragt, einen Pfad festzulegen und diesen dann auch zu verfolgen und entsprechend zu kommunizieren. Deshalb wäre es so wichtig, dass das lang ausständige Klimaschutzgesetz verabschiedet wird: Es muss einen Weg vorzeichnen, auf dem die Emissionen ausreichend schnell sinken. Mögliche Lösungen gibt es ausreichend, wie der Weltklimarat in seinem jüngsten Bericht beschreibt. Klar ist aber auch: Einfach wird es nicht, umso wichtiger ist der ausgeklügelte Mix an politischen Schritten.
Einen Aufschlag für einen solchen Fahrplan hat die EU-Kommission im Sommer 2021 gemacht. Sie erarbeitete ein umfassendes Bündel an Maßnahmen, die Europas Emissionen bis 2030 im Vergleich zu 1990 um mindestens 55 Prozent senken sollen. Das Verbrenner-Aus war eines der vielen Gesetze in dem Paket. So mancher Vorschlag – neben dem Verbrenner-Aus etwa eine Reform von Energiesteuern oder neuen Effizienzregeln für Gebäude – stieß teils auf Ablehnung. Das ist grundsätzlich okay, schließlich müssen die Entscheidungen von allen mitgetragen werden. Doch für jedes klimapolitische Vorhaben, das abgelehnt wird, braucht es einen soliden Gegenvorschlag auf Grundlage von Werkzeugen, die uns sicher zur Verfügung stehen. Staaten, sowie auch Konzerne, müssen schlicht beantworten können: Wie werden wir unterm Strich die Klimaneutralität erreichen? Vage Diskussionen über Innovation und Verbote bringen uns dabei keinen Schritt weiter. (Alicia Prager, 28.3.2023)