Die SPÖ hat es fertiggebracht, dass sich Trolle über sie lustig machen können. Der irrlichternde Gerald Grosz will als türkisches Kopftuchweiblein für den SPÖ-Vorsitz kandidieren; ein Journalist der Krone nennt eine Giraffe aus Schönbrunn als Kandidatin.

Ein geeigneter Kandidat für die Parteispitze? Der frühere Bundeskanzler Christian Kern vor kurzem beim Landtagswahlauftakt der SPÖ Salzburg.
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Es ist auch – Stand heute – kein Ausgang der Sache absehbar, der die SPÖ wieder zu einem gestaltenden Faktor der Politik machen könnte. Mit ihr ist wohl in absehbarer Zeit nicht zu rechnen.

Ungeschickte Nicht-Politik

Sollte Pamela Rendi-Wagner bleiben, bleibt auch die bisherige ideenlose und ungeschickte Nicht-Politik. Hans Peter Doskozil hingegen hat sich selbst überdribbelt. Es lohnt sich, das kurz nachzuvollziehen: Als ihn Rendi-Wagner mit dem emotional vorgebrachten Vorwurf "Heckenschütze" endlich aus der Deckung zwang, beharrte er auf einer Mitgliederbefragung, bei der er sich mehr Chancen ausrechnete als bei einer Entscheidung im Parteivorstand. Er hatte aber nicht damit gerechnet, dass seine Feinde in der SP-Führung die Kandidatenliste weit aufmachen würden und es plötzlich nicht mehr nur um das Duell Pamela-Hans Peter ging. Jetzt gibt es mit Andreas Babler einen halbwegs ernstzunehmenden dritten Kandidaten, außerdem jede Menge Spaßkandidaten. Da schaut ein Sieg, wenn ihn Doskozil erringt, schon rein mathematisch wenig beeindruckend aus, zumal es keine Stichwahlen geben soll.

Dann gibt es noch ein Problem, das endlich offen angesprochen werden sollte: Doskozils Stimme. Bei den Gelegenheiten, wo er nach Parteipräsidiumssitzungen abends vor die Kameras trat, war er kaum zu verstehen. Montagabends wieder. Das wird unweigerlich in einem Wahlkampf eine Rolle spielen. Doskozil hätte wahrscheinlich am ehesten die Chance, rechtsgestimmte, migrationsfeindliche Wähler (wieder) zur SPÖ zu bringen. Aber der linksliberale Flügel der Partei kann mit ihm nichts anfangen; und die Stimme ist ein echtes Handicap.

Wirtschaftspolitik, Außenpolitik?

Der dritte Kandidat, Babler, besetzt sozialpolitische Themen gut und hat eine gewisse Volksnähe. Aber der Vorsitzende einer sozialdemokratischen Partei, die wieder groß und bedeutend werden will, muss mehr draufhaben. Wirtschaftspolitik, eine Ahnung von Außenpolitik und Sicherheitspolitik, eine Ahnung von Europa.

Kein Überraschungskandidat

Es gibt einen, der wohl zur Verfügung stünde und der am ehesten qualifiziert ist – der allerdings ein riesiges Handicap hat. Dem früheren Kanzler Christian Kern zuzuhören, wie er über Wirtschaftspolitik, aber auch Außenpolitik spricht, ist ein Gewinn. Er kann auch Polemik, wie er mit einer Rede beim Wahlkampfauftakt der Salzburger SPÖ bewies ("FPÖ = nach drei Bier Hitlergruß"). Doch Kanzler Kern hat sich seinerzeit von Sebastian Kurz mit vom Zaun gebrochenen Wahlen ausmanövrieren lassen und hat dann hingeschmissen.

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig hat ihm jetzt in einem STANDARD-Interview mit brutaler Härte eine Absage erteilt. Das war es wohl mit der Idee, beim Parteitag als Überraschungskandidat anzutreten.

"Es ist niemand in Sicht, der die notwendige Statur und die Fähigkeit zur Einigung hätte."

Was ist mit Ludwig selbst? Man könnte zynischerweise vermuten, dass er wartet, bis sich alle anderen kaputtgemacht haben, um dann als Retter aufzutreten. Aber das Amt des Wiener Bürgermeisters ist sehr schön.

Wenn es nicht im Bund zu einer Situation wie in Niederösterreich kommen soll, wo eine radikalisierte FPÖ einer hilflosen ÖVP einen extremen Kurs aufzwingt, wird eine handlungsfähige SPÖ gebraucht. Es ist allerdings niemand in Sicht, der die notwendige Statur und die Fähigkeit zur Einigung hätte. (Hans Rauscher, 28.3.2023)