Die deutsche Ampelkoalition hat sich am Dienstagabend auf ein Maßnahmenpaket geeinigt.

Foto: IMAGO/Rüdiger Rebmann/Shotshop

Berlin – Eigentlich sei das eine gute Sache gewesen, das könne man jetzt ruhig jeden Monat einmal machen, feixte der deutsche Finanzminister und FDP-Vorsitzende Christian Lindner am Dienstagabend, als der Koalitionsausschuss der deutschen Ampelparteien endlich vorbei war.

Mehr als 30 Stunden – mit Unterbrechungen – waren SPD, Grüne und Liberale zu diesem Zeitpunkt im Berliner Kanzleramt zusammengesessen, um einige strittige Themen auszuräumen. So lange, dass es im politischen Berlin nur noch ein Thema gab: Was machen die so lange? Warum kommt da nicht schneller ein Ergebnis heraus?

Mühsame Verhandlungen

Begonnen hatte der Koalitionsausschuss am Sonntag unter schlechten Bedingungen. Einige Tage zuvor war Habeck nicht gut gelaunt gewesen. In den ARD-Tagesthemen beschwerte er sich erbost, dass sein erster Entwurf zu einem Einbaustopp für konventionelle Öl- und Gasheizungen ab 2024 bewusst aus der Koalition an die Bild-Zeitung durchgestochen worden sei – noch bevor Klarheit über finanzielle Hilfen geherrscht habe.

Das, so Habeck, sei bloß des "billigen, taktischen Vorteils wegen" passiert. Er verdächtigte niemanden konkret, aber es ist bekannt, dass die FDP den Plan kritisch sieht. Erstaunlicherweise konstatierte Habeck dann aber: "Das Miteinander im Kabinett ist tadellos."

Merz: "Diese Bundesregierung ist stehend K. o."

Ganz so tadellos dürfte es dann aber eben doch nicht gewesen sein. Am Montag gab es nach der nächtlichen Sitzung keine Einigung, man tagte bis zum Nachmittag, dann flog das halbe Kabinett mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) zu den deutsch-niederländischen Regierungskonsultationen nach Rotterdam. Am Dienstag früh trafen sich die Koalitionäre wieder. "Ist das noch ein Koalitionsausschuss oder eine Gruppentherapie?", wurde FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle im Morgenmagazin von ARD und ZDF gefragt. Stunde um Stunde verging, ohne dass es Ergebnisse gab.

Oppositionschef Friedrich Merz (CDU) erklärte schon mal: "19 Stunden Dauerstreit im Kanzleramt ohne Ergebnis. Diese Bundesregierung ist stehend K. o. Wir haben ganz offensichtlich in Deutschland eine Regierungskrise." Um 16 Uhr verließ Scholz die Runde, um den kenianischen Präsidenten William Ruto zu empfangen. Bei der Pressekonferenz verkündete er Geheimnisvolles, nämlich, es werde "sehr, sehr, sehr gute Ergebnisse" geben. Und: "Ich bin zuversichtlich, dass wir da ein großes Werkstück zustande bringen."

Lkw-Maut steigt

Wie dieses aussieht, wollte er aber gar nicht selbst verkünden, das überließ er am Dienstagabend den Parteichefs Lars Klingbeil (SPD), Ricarda Lang und Christian Lindner. "Das waren keine einfachen Verhandlungen", räumte Lang ein, zumal der Ton in den vergangenen Wochen innerhalb der Koalition "ruppig" gewesen sei. Doch nun ist klar: Das von Habeck geplante generelle Verbot des Einbaus neuer Gasheizungen wird gestrichen. Man werde hier vielmehr einen "technologieoffenen Ansatz" verfolgen, es solle zudem "ausreichende Übergangszeiträume" und Förderungen geben. Im Beschlusspapier heißt es: "Niemand wird im Stich gelassen."

Außerdem will die Koalition vom kommenden Jahr an die Lkw-Maut auf Autobahnen erhöhen und 80 Prozent dieser Mehreinnahmen in den Ausbau des Schienennetzes stecken. Wenn Autobahnen neu- oder ausgebaut werden, sollen immer gleich Solaranlagen dabei entlang der Strecke errichtet werden. Insgesamt will die Koalition hier bis zum Jahr 2047 rund 45 Milliarden Euro investieren. (Birgit Baumann aus Berlin, 28.3.2023)

Dieser Artikel wurde um 21:25 Uhr mit der Zeitungsversion ersetzt.

Weiterlesen

Ein unendliches Ampel-Krisentreffen im Berliner Kanzleramt