Mitte März wurde auf dem Dachsteingletscher mit gelben Baggern das Ende einer Ära eingeläutet. Die drei Schlepplifte wurden abgebaut, der Skibetrieb für immer beendet. Eine Weiterführung sei weder ökonomisch noch ökologisch sinnvoll, kommentierte der Geschäftsführer der Planai-Hochwurzen-Bahnen, Georg Bliem, die Entscheidung. Regen, Sonne und Saharasand hatten dem Eis im vergangenen Jahr stark zugesetzt. Hinzu kam der eklatante Schneemangel – heuer lagen nur rund drei Meter Schnee, optimal wedelt es sich auf acht Metern. Skitourengeher, Langläuferinnen und Wanderer können auf dem Hochplateau übrigens nach wie vor ihrem Freizeitvergnügen frönen.

Anders stellt sich die Lage in Tirol dar: Dort stehen wieder einmal Gletscherskigebietserweiterungen zur Diskussion. Erst im Februar präsentierten die Betreiber der Pitztaler Gletscherbahnen neue Pläne: eine Bahn, die auf das Joch unterhalb des Linken Fernerkogels führt. Das ist insofern bemerkenswert, als dass sich nur wenige Kilometer davon entfernt das Ötztaler Gletscherskigebiet erstreckt. Jahrelang wurde über den Zusammenschluss dieser beiden Skigebiete gestritten, im Juli 2022 wurde eine "Gletscherehe" in einer Volksbefragung dann aber knapp abgelehnt. Der Präsident des Österreichischen Alpenvereins, Andreas Ermacora, zeigte sich ob der neuen Ausbaupläne alarmiert und sah die abgeblasene Ehe schon durch die Hintertüre umgesetzt.

Am Pitztaler Gletscher werden wieder einmal Ausbaupläne geschmiedet.
Johann Groder/APA

Die Nachfrage nach dem Skiurlaub stagniert

Ab- oder Ausbau? Wo werden wir in Zukunft Skifahren? Einer, der es wissen muss, ist Robert Steiger, Professor am Institut für Finanzwissenschaft der Uni Innsbruck. Er forscht seit bald 20 Jahren zu den Themen Klimawandel und Tourismus. "Gletscher werden aus Klimasicht in diesem Jahrhundert die noch am besten geeignetsten Regionen für den Skitourismus bleiben", erklärt er dem STANDARD am Telefon.

Denn in Höhenlagen könne man auch in Zukunft ausreichend beschneien. Natürlich müsse man bedenken, dass sich das Gelände durch den Gletscherschwund verändere. Dass man sich auf höher gelegene Gebiete konzentriere, sei aber durchaus sinnvoll, führt Steiger aus. Allerdings stelle sich – angesichts der Tatsache, dass die Nachfrage nach einem Skiurlaub ohnehin stagniere – schon die Frage, ob ein Ausbau überhaupt vonnöten sei.

Österreichweit gebe es ausreichend Skigebiete. "Aus betrieblicher Perspektive kann ich einen Ausbau allerdings schon verstehen", hält Steiger fest. Für Gäste seien größere Skigebiete schlicht attraktiver. Das belegen auch Daten der Wirtschaftskammer, die dem STANDARD vorliegen: Die Anzahl der Schlepplifte ist in der Zeitspanne von 1975 bis 2022 rapid zurückgegangen. Gleichzeitig stieg die Anzahl der Seilbahnen leicht.

Vehement gegen weitere Erschließungen der heimischen Gletscher und ihres Umfelds sprach sich jüngst jedenfalls eine Allianz aus dem österreichischen und deutschen Alpenverein, den Naturfreunden und dem WWF in einer gemeinsamen Pressekonferenz in Innsbruck aus.

Vier alpine Organisationen – darunter WWF, der Österreichische und Deutsche Alpenverein sowie die Naturfreunde – haben sich in einer gemeinsamen Pressekonferenz an die Tiroler Landesregierung gewandt.
Johann Groder/APA

In einem gemeinsamen Antrag forderten sie die schwarz-rote Tiroler Landesregierung dazu auf, das "Ruhegebiet Ötztaler Alpen" um rund sechs Quadratkilometer auszuweiten, um besagter Erweiterung am Pitztaler Gletscher Einhalt zu gebieten. Ferner forderte das Bündnis einen absoluten Gletscherschutz. Im Regierungsprogramm ist dieser nicht verankert, allerdings steht dort, dass es "keine Neuerschließungen von Skigebieten" geben soll. (Maria Retter, Grafiken: Robin Kohrs, 30.3.2023)