Diese Grube hat sich sich die Regierung selbst gegraben. Denn die von ihr eingeführte Aliquotierung– die gestaffelte erste Pensionsanpassung nach dem Pensionsantritt – war nie gerecht, aber mit dem sprunghaften Anstieg der Inflation ist sie völlig untragbar geworden. Heuer werden etwas mehr als 100.000 Arbeitskräfte in den Ruhestand wechseln – warum soll dabei ein im Jänner zur Welt gekommener Mensch bei der ersten Erhöhung nach Pensionsantritt den vollen Teuerungsausgleich erhalten, während im November Geborene leer ausgehen? Selbst bei dem Inflationsziel der Europäischen Zentralbank von bloß zwei Prozent ist schwer nachvollziehbar, warum die Kaufkraft von Menschen aus demselben Jahrgang wegen dieser Regelung je nach Geburtsmonat um diesen Prozentsatz unterschiedlich ausfallen sollte.

Nun bewegt sich die Teuerung hierzulande allerdings seit nunmehr sechs Monaten im zweistelligen Bereich – entsprechend stärker wird die Inflationsanpassung ausfallen und damit die Ungerechtigkeit bei der ersten Erhöhung. Umso unverständlicher ist daher, dass die Regierung die unglückliche Aliquotierung nur für zwei Jahre aussetzt, anstatt sie gänzlich zu begraben. Denn es wird noch haarsträubender: Aufgrund der schrittweisen Anhebung des Pensionsalters von Frauen in den kommenden zehn Jahren werden diese meist im zweiten Halbjahr in Pension gehen, womit sie besonders stark von der Aliquotierung betroffen wären.

Wegen der Anhebung ihres Pensionsantrittsalters sind Frauen besonders stark von der nun für zwei Jahre ausgesetzten Aliquotierung betroffen.
Foto: APA/BARBARA GINDL

Zudem hat die hohe Teuerung ein weiteres Problem bei Pensionen aufgeworfen. Das für die spätere Leistung maßgebliche Pensionskonto von Erwerbstätigen wird nicht direkt an die Inflation angepasst, sondern gemäß den volkswirtschaftlichen Lohnsteigerungen. Zwar fließen dadurch neben der Inflation auch Produktivitätsgewinne in die Erhöhung der bisher geleisteten Beitragszahlungen ein, allerdings geschieht dies zum Preis einer starken zeitlichen Verzögerung. Betroffen sind alle Personen, die vor 2025 in Pension gehen werden, da die hochgeschnellte Inflation zuvor nur teilweise abgegolten wird. Es drohen lebenslange Kaufkraftverluste von bis zu acht Prozent.

Zwar hat die Regierung mit der Aussetzung der Aliquotierung einer drohenden türkis-grünen Pensionswillkür nach Geburtsjahr und -monat sowie Geschlecht vorerst einen Zahn gezogen. Ein zufriedenstellender Status quo bei den Pensionen in der derzeitigen Teuerungswelle ist damit aber noch nicht hergestellt. Mutig von der Regierung – gerade in einem Vorwahljahr. (Alexander Hahn, 29.3.2022)