Bildungsminister Martin Polaschek.

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Der Lehrkräftemangel macht vielen Schulen in Österreich zu schaffen. Das ist ebenso bekannt wie die Tatsache, dass gewachsene Arbeitslast, administrativer Mehraufwand und die generellen Rahmenbedingungen des Lehrerberufs diesen befeuern – und viele Lehrer und Lehrerinnen vergraulen. Die Kritik von Lehrkräften zielt aber seit jeher auf befristete Arbeitsverträge ab. Daher mag es nicht verwundern, dass der Auftritt von Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) in der "ZiB 2" für dicke Luft unter Lehrerinnen und Lehrern gesorgt hat.

Im Interview am Montag ließ Polaschek wissen, dass Lehrkräften befristete Verträge "nur in Ausnahmefällen" gegeben werden. Zwar brauche es ein besseres "Onboarding" junger Lehrkräfte, aber "eigentlich sollte es jetzt schon so sein, dass relativ rasch fixe Verträge ausgestellt werden", sagte Polaschek.

Polascheks abweichende Realität

Dass die Realität nicht weiter davon entfernt sein könnte, verdeutlicht ein STANDARD-Rundruf bei den Bildungsdirektionen: Demnach vergeben viele Bundesländer frühestens ab dem dritten Berufsjahr, spätestens ab dem fünften, einen unbefristeten Vertrag. Einzig in Vorarlberg wird im Pflichtschulbereich, der in die Zuständigkeit der Länder fällt, ein unbefristeter Vertrag nach einem Jahr ausgestellt.

Hintergrund dafür ist das Landesbedienstetengesetz, das vorsieht, dass nach fünf Jahren ein unbefristeter Vertrag folgen muss – möglich wäre dies allerdings auch schon früher. Als Gründe für die Befristungen nennen die Bildungsdirektionen Karenzierungen, Freistellungen sowie Planungsunsicherheit beim Stundenausmaß in bestimmten Fächern. "Zudem ist es mit Blick auf die Bedeutung des Lehrberufes und die Verantwortung für die Schülerinnen und Schüler angemessen, die Qualität der Leistungen einer Lehrperson über einen mehr als bloß einjährigen Zeitraum zu überprüfen", heißt es etwa von der Bildungsdirektion Tirol.

Gewerkschaften üben Kritik

Angesichts der aktuellen Situation ein schwaches Argument für die Gewerkschaften – zumal bereits jetzt zahlreiche Studierende zum Einsatz kommen: "Man müsste die fünf Jahre nicht komplett ausreizen", sagt Wiens oberster Pflichtschullehrergewerkschafter Thomas Krebs (FCG) im STANDARD-Gespräch. Gerade mit Blick auf den Lehrermangel seien gesicherte Stellen ja ganz klar gegeben – "da wäre es klug, das Angebot zu machen". Auch von Schulleitungen sei dieser Wunsch nach Entfristung ihrer Lehrkräfte in den letzten Monaten an ihn herangetragen worden. "Wir verstehen wirklich nicht, warum in der derzeitigen Situation befristete Verträge vergeben werden", sagt auch Gewerkschafter Thomas Bulant (FSG).

Doch was sagt der Minister, der gerade darum bemüht ist, Menschen für den Lehrerberuf zu motivieren? Hier verweist sein Büro auf STANDARD-Nachfrage darauf, dass alle Möglichkeiten genützt werden, um den Lehrerberuf attraktiv zu gestalten, und erwähnt auch die Kampagne "Klasse Job", die jedoch von vielen Lehrkräften stark kritisiert wird. DER STANDARD berichtete.

Unbefristete Verträge nach einem Jahr

Vermutlich nicht erfreuliche Rückmeldungen erhielt der Minister jedenfalls auf sein "ZiB 2"-Interview: Diese hätten ihm gezeigt, dass die dienstrechtliche Möglichkeit zur Entfristung nach einem befristeten "Probejahr" von den Bildungsdirektionen noch nicht "lückenlos umgesetzt wird", schreibt ein Ministeriumssprecher. Das soll sich laut diesem nun ändern: Man habe nun die Anweisung gegeben, im Bereich der Bundesschulen nach dem ersten "Probejahr" unbefristete Verträge zu vergeben. Der Ball liegt demnach nun bei den Bildungsdirektionen. (Elisa Tomaselli, 29.3.2023)