Walter Hahn, ein Ex-Spediteur aus Simmering, verteilt in den USA unter dem Ringnamen "Gunther" Prügel.

Foto: WWE

Für Wrestlemania in Los Angeles wird Hahn groß angekündigt.

Foto: WWE

Er trägt Schuhe im Springerstiefel-Look und eine Undercut-Frisur, blickt ständig grimmig drein, seinen Gang in den Ring nennt er "Einmarsch": Walter Hahn ist ein Star in der World Wrestling Entertainment Inc. (WWE). Die inszeniert den Wiener mit einer NS-Symbolik, die besonders in Europa für Kritik gesorgt hat. Für Wrestling-Fans in Amerika ist Hahn ein fleischgewordener Bösewicht. Einst Spediteur in Simmering, hat sich der 35-Jährige in die Champions League des Wrestlings hinaufgearbeitet, er kämpft vor bis zu 20.000 Zuschauern bei Shows wie Smackdown oder Royal Rumble. Am 1. April wird Hahn der erste Österreicher in der Geschichte sein, der an Wrestlemania teilnimmt. Das ist das WM-Finale des Wrestlings.

Die WWE provoziert bewusst mit ihren Anspielungen auf den Nationalsozialismus. So sollte Hahn Anfang des Vorjahres in Gunther Stark umbenannt werden. Gunther Stark war der Name eines deutschen U-Boot-Kommandanten, der im Zweiten Weltkrieg kämpfte. Nach einem Aufschrei wurde der volle Name von der WWE nicht bei der US-Patentbehörde angemeldet. Es blieb bei Gunther.

Geldmaschine

Sein Spitzname ist auch "Ring-General", sein Wrestlingteam heißt "Imperium". Ein Mitglied seines Teams sorgte im Vorjahr auf Twitter mit der Nachricht "Imperium over everything" für Empörung. Eine Anspielung auf das Deutschlandlied ("Deutschland über alles"). Der Tweet wurde rasch gelöscht. Hahn hat den Vorwurf einer NS-Nähe in der Vergangenheit wiederholt zurückgewiesen.

Wrestling, das ist Sport nach Drehbuch. Und so ist Hahn auch ein Schauspieler. Es ist ein Kampf der Klischees, Gut gegen Böse, Angst gegen Mut, Beliebt gegen Unbeliebt. Firmengründer Vince McMahon machte aus dem Wanderzirkus eine Geldmaschine. Längst ist die WWE an der New Yorker Börse notiert, sie machte im Vorjahr 1,2 Milliarden Dollar Umsatz, tourt durch die ganze Welt. Je kontroverser die Show, desto besser fürs Geschäft.

Unkenrufe von wegen Fake-Sportart tangieren Hahn nicht. "Es ist kein Wettkampfsport. Als Wrestler will man durch seine sportliche Leistung unterhalten und dem Publikum mit dem Kampf eine Geschichte erzählen", hat Walter Hahn im Gespräch mit dem STANDARD einmal festgehalten. Obwohl Schläge und Tritte oft ins Leere gehen, kann es auch wehtun, Verletzungen sind keine Seltenheit. "Gewisse Dinge lassen sich nicht vortäuschen. Als Wrestler lernt man keinen Zaubertrick, mit dem man die Schwerkraft außer Kraft setzen kann."

Die Livesendung RAW sehen jede Woche mehr als zwei Millionen Menschen in den USA. Der Jahreshöhepunkt Wrestlemania gehört zu den lukrativsten Sportevents der Welt. Viele US-Serien sind voll mit Anspielungen auf Wrestling. Im Vorjahr kamen 130.000 Zuschauer zu Wrestlemania nach Arlington im US-Bundesstaat Texas. Am Wochenende findet das Event im So-Fi Stadium in Los Angeles statt, der Heimstätte der Footballteams Los Angeles Chargers und Rams. Kapazität: 70.000 Zuschauer. Es wird also wieder gigantisch.

"Royal Rumble"-Rekord

Walter Hahn trägt den Gürtel des "Intercontinental Champion", es ist der zweithöchste Titel im Wrestling. Im Jänner stellte Gunther in San Antonio vor mehr als 50.000 Zuschauern eine neue Bestmarke im "Royal Rumble" (30 Catcher gleichzeitig im Ring) auf. Noch nie hielt es ein Wrestler länger im Ring aus als der Wiener. Mit 71 Minuten und 25 Sekunden verbesserte er die bisherige Bestmarke eines gewissen Rey Mysterio (62:12).

WWE

In einer Show, in der seit jeher US-Amerikaner dominieren, hat sich Hahn in die erste Reihe gespielt. Im Ring, bei der Vermarktung und bei den Chefs der WWE, die Wege und Ideen vorgeben und mit ihren Drehbüchern entscheiden, wer Champion wird. Und wer eben nicht. So manche Ex-Wrestler trauen Hahn den ganz großen Wurf zu. Für den Wiener war als Kind der Heumarkt Inspiration, sein Vater nahm ihn zum Catchen mit. Aber natürlich auch Wrestling aus den USA, das vor der Klage des World Wide Fund For Nature (WWF) noch unter dem Namen World Wrestling Federation firmierte. Ein Hulk Hogan ist nicht nur Kindern ein Begriff. Mit 16 Jahren wechselte Hahn vom Fußball (Simmering, Himberg) in die Wrestling-Schule von Michael Kovacs in Favoriten.

Kraftkammer

2016 gelang der Sprung ins deutsche Wrestling-Mekka nach Oberhausen, 2022 wurde Hahn schließlich Teil der WWE, die ihre Ringer in Orlando versammelt und trainieren lässt. Stundenlange Flüge und Fahrten zu Events sind ebenso Teil des Alltags wie das tägliche Pumpen in der Kraftkammer.

Auf der Straße wird Hahn immer öfter erkannt, und in Gesprächen fällt auch manchmal der Name Arnold Schwarzenegger. Hahn sieht sich erst am Beginn seiner Karriere: "Wrestling lässt sich zehn bis 15 Jahre auf hohem Niveau betreiben." (Florian Vetter, 31.3.2023)