Auf diplomatischer Mission in Amerika: die taiwanesische Präsidentin Tsai Ing-wen.
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Unfreundliche Worte aus Peking ist Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen gewohnt. Ihre Reise nach Lateinamerika mit Zwischenstopps in den USA sei eine "Provokation", man lehne derartige "Transitreisen" ab. China pocht damit darauf, dass ein Transit durch die USA ein Transit bleiben müsse und nicht für Treffen mit hochrangigen US-Vertretern genutzt werden dürfe. Als besonders provokant empfindet Peking dabei das geplante Treffen mit dem Sprecher des Repräsentantenhauses Kevin McCarthy auf dem Rückweg ihrer Reise. Man werde "entschlossen zurückschlagen", falls es tatsächlich dazu komme.

Die Drohungen kommen nicht überraschend. Für China ist Taiwan abtrünniges Territorium und jede Geste der Anerkennung ein Skandal. International wird das anders gesehen: Taiwan nimmt allein wegen des ungleichen Kräfteverhältnisses stets auf Pekings Bedürfnisse Rücksicht – auch in diesem Fall.

Denn eigentlich wollte McCarthy selbst nach Taiwan reisen, so wie seine Vorgängerin Nancy Pelosi im Sommer, was wiederum Pekings Zorn in Form von massiven Militärübungen um Taiwan ausgelöst hatte. Das wollte man in Taipeh nicht noch einmal riskieren. Tsais Zwischenstopps stellen daher die entschärfte Variante einer Reise dar, die dem inoffiziellen Charakter der Beziehungen zwischen den USA und Taiwan entspricht. Dass die Volksrepublik protestiert, überrascht nicht. Doch Peking kann sich beruhigen. Massive Provokation ist das keine. (Anna Sawerthal, 29.3.2023)