Vertreterinnen und Vertreter der iranischen Diaspora schildern im Parlament, wie die Regierung im Iran versucht, auch die in Österreich lebenden Iranerinnen und Iraner unter Druck zu setzen.

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Die seit sechs Monaten anhaltenden Proteste haben Bilder von tanzenden iranischen Frauen ohne Kopftuch nach Europa gebracht – aber auch solche, die zeigen, wie die iranischen Revolutionsgarden mit brutaler Gewalt gegen Demonstrierende vorgehen. In Wien werden sie von der iranischen Diaspora unterstützt, etwa mit einem Sitzstreik vor der Uno-City.

Auf Einladung des grünen Parlamentsklubs berichteten am Mittwoch mehrere Vertreter und Vertreterinnen der iranischen Exil-Community über Spionage durch das Mullah-Regime in Wien. Dort sprach unter anderen Shoura Hashemi von iranischen Ausspähaktivitäten.

Die Aktivistin Hashemi ist einer der 16.000 Menschen in Österreich, die die iranische Staatsbürgerschaft haben. Sie ist vor allem auf Twitter aktiv, wo sie Beiträge über die Proteste im Iran teilt. Dort wird sie oft Opfer von Belästigungen und Drohungen durch Cybertrolle. Sie erzählte auch, dass Menschen mit iranischer Herkunft Drohnachrichten per SMS bekommen und bei Demonstrationen gefilmt werden. Die gebürtige Iranerin geht davon aus, dass es sich dabei um Agenten des Mullah-Regimes handelt.

Ihren Angaben zufolge müsste man die iranische Botschaft in Wien auf den Prüfstand stellen. Es wird vermutet, dass dort eine umfangreiche Überwachung der iranischen Staatsbürger und Staatsbürgerinnen stattfindet. Sie fordert die Ausweisung von niederrangigen Diplomaten. "Die Rolle der iranischen Botschaft muss man sich genauer anschauen", sagt Hashemi und verweist auf den Fall von Assadi Assadollah, einem ehemaligen Mitarbeiter der iranischen Botschaft in Wien. Er ist seit 2021 wegen eines geplanten Anschlags in belgischer Haft und soll bald Teil eines Gefangenenaustauschs werden.

Viele der in Österreich lebenden Iraner und Iranerinnen haben eine doppelte Staatsbürgerschaft. Die iranische können sie nicht abgeben, denn der Iran erlaubt gar keine Zurücklegungen. Was gleichzeitig bedeutet, dass die Menschen immer unter Beobachtung der iranischen Behörden stehen.

Moschee in Wien als Drehscheibe für Spionage

Ein rotes Tuch sei auch das islamische Zentrum Imam Ali. Laut Hashemi dürfte die Moschee im 21. Wiener Gemeindebezirk Anlaufstelle für Spionage von iranischen Geheimdienstmitarbeitern sein. Die grüne Außenpolitiksprecherin Ewa Ernst-Dziedzic spricht von einer "iranischen Drehscheibe für Spionage".

Laut der Neos-Abgeordneten Stephanie Krisper ist vor allem die Gesetzeslage zu locker. Spionage ist hierzulande nur dann strafbar, sofern sie zum Nachteil Österreichs erfolgt. Sie fordert eine Gesetzesänderung und schnellere Schritte bei der Einstufung als Persona non grata, wenn eine gravierende Verdachtslage besteht.

Weiters fordern die Abgeordneten, dass die Revolutionsgarden auf die EU-Terrorliste gesetzt werden. Dies hätte mehr als nur eine reine Symbolwirkung, pflichtete der ÖVP-Abgeordnete Martin Engelberg der Grünen Ernst-Dziedzic bei.

Bericht aus Foltergefängnis

Bei dem Austausch zwischen iranischer Exil-Community und den Nationalratsabgeordneten von Grünen, Neos und ÖVP (ein Vertreter der SPÖ ließ sich entschuldigen, Anm.) wurde ebenso die prekäre Menschenrechtslage im Iran thematisiert. Alle Anwesenden forderten die Freilassung der politischen Gefangenen im Iran – insbesondere der Doppelstaatsbürger. Zugegen war auch die Ehefrau des österreichischen Staatsbürgers Kamran Ghaderi, der "vor sieben Jahren und drei Monaten während einer Geschäftsreise entführt wurde und dem Spionage unterstellt wurde". Sie bezweifle inzwischen, ob sie ihren Mann je wiedersehen werde, sagt Harika Ghaderi und erzählt von den drei gemeinsamen Kindern, die ohne Vater aufwachsen.

Zuvor hatte die iranische Journalistin Saeedeh Fathabadi ihre Gefangenschaft im berüchtigten Evin-Gefängnis geschildert. Sie war wegen eines Postings in sozialen Medien im Oktober abgeführt worden und ist nun wieder frei. "Wir waren neun Personen in einer vier mal zwei Meter großen Zelle. Platz zum Schlafen gab es nicht. Ich wurde mental gefoltert, bis ich ein Geständnis ablegte", berichtete Fathabadi.

Die iranische Journalistin Saeedeh Fathabadi berichtete über ihre Gefangenschaft im Evin-Gefängnis in Teheran.
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Bereits davor war die Sportjournalistin schon einmal verhaftet worden, weil sie als Frau ein Fußballstadion besuchen wollte. "Schätzt eure Freiheit", lautete ihr Appell an die österreichische Journalistinnenszene. Was Frauen im Iran durchmachen müssen, mache sie einfach nur traurig, sagte sie mit gebrochener Stimme.

Die in Wien lebende Menschrechtsaktivistin Sholeh Zamini pflichtete ihr bei: Was im Iran vor sich gehe, sei nichts Geringeres als eine "Gender-Apartheid", sagt Zamini mit Verweis auf die Segregation in Schulen, Spitälern und sonstigen Alltagsorten. (Tabea Hahn, 29.3.2023)