Zittern auf dem Bahnsteig in Malmö, ob der Zug über die Öresundbrücke fährt.

Foto: Stefanie Ruep

Schlafen im Zug, aufwachen in Hamburg. Die etwas harten Pritschen des Liegewagens des ÖBB-Nightjets sind freilich nicht so gemütlich wie ein richtiges Bett. Aber allein die Tatsache, dass man damit einen ganzen Tag im Urlaubsort gewinnt, macht das wieder wett. Ankunft pünktlich um 8.47 Uhr am Hamburger Hauptbahnhof.

Die Nachtzugfahrt war nur der Auftakt zu unserem Interrail-Abenteuer. Im Alter von 35 Jahren wurde es auch schön langsam Zeit. Eigentlich wollte ich das schon mit 18 machen. Doch nach der Matura ging ich studieren – und im Sommer arbeiten, um mir das WG-Zimmer leisten zu können. Also schob ich mein Vorhaben immer wieder auf. Als im Vorjahr Interrail dann 50-Jahr-Jubiläum feierte und Tickets zum halben Preis anbot, war es Zeit, zuzuschlagen. Eine Freundin überzeugte ich auch, sich ein All-in-one-Zugticket zum günstigen Pauschalpreis von 330 Euro zuzulegen. Mit dem sogenannten Global Pass standen uns zwei Monate die Gleise in ganz Europa zur Verfügung.

Bei Interrail verbringt man viel Zeit auf den europäischen Gleisen.
Foto: Stefanie Ruep

Im Februar ging es zuerst nach Hamburg im Nachtzug. Denn mit einem Aufpreis für die Reservierung sind auch Schlafwagenplätze, Schnellzüge und die erste Klasse zum Interrail-Ticket zubuchbar. Der Liegewagenplatz im Viererabteil kostete uns 40 Euro extra. Für das planen der Interrail-Reise steht die praktische App Rail Planner zur Verfügung, die als eine der wenigen europaweite Verbindungen der verschiedenen teilnehmenden Verkehrsbetriebe kombiniert und so gute grenzüberschreitende Routen ausspuckt. Diese muss man dann nur noch mit dem Interrail-Global-Pass verknüpfen, und schon hat man ein gültiges Ticket auf dem Handy.

Nach drei Tagen in Hamburg sind wir bereits in den nächsten Zug gestiegen. Ein Intercity der Danske Statsbaner (DSB) brachte uns in vier Stunden und 40 Minuten nach Kopenhagen. Die dänische Besatzung war übrigens auch die einzige, die sich wirklich für unser Interrail-Ticket interessiert hat. Überall anders reichten die QR-Codes der Reservierung, oder wir wurden gar nicht kontrolliert.

Per Zug über den Öresund

Mit dem Global Pass müssen auch kurze Tagesausflüge nicht lange überlegt werden. Malmö ist nur eine Stunde von Kopenhagen entfernt und eignet sich wunderbar für einen Abstecher. Wettermäßig war dieser jedoch riskant. Denn bei starkem Wind wird die Öresundbrücke zwischen Dänemark und Schweden für den Bahnverkehr gesperrt. Die längste Schrägseilbrücke der Welt ist bekannt aus der TV-Serie Die Brücke und echt ein Erlebnis, wenn der Zug über die Meerenge fährt. Auf dem Weg von Schweden nach Dänemark fielen drei Züge bereits wegen der prognostizierten Windverhältnisse aus, wie wir auf dem vollen Bahnsteig erfuhren. Wir jedoch hatten Glück: Voll besetzt, aber pünktlich fuhr unser Zug ab.

Die Zugstrecke, der gegenüber wir die meisten Vorbehalte hatten, war jene zurück von Hamburg über München nach Salzburg. Die Schauergeschichten über die Deutsche Bahn (DB) sind ja hinreichend bekannt. Unsere Befürchtungen haben sich leider bestätigt. Die DB ist so schlecht wie ihr Ruf.

Nyhavn ist ein zentraler Hafen in Kopenhagen und mit seinen bunten Giebelhäusern eine der beliebtesten Sehenswürdigkeiten.
Foto: Stefanie Ruep

Es begann bereits in Hamburg auf dem Hauptbahnhof: Fünf Minuten vor Abfahrt unseres Zuges verkündete die Durchsage auf dem Gleis: "Gleiswechsel, ICE nach München auf Gleis fünf." Das Gleis liegt auf der anderen Seite des Bahnhofs. Wir schultern unsere Rucksäcke, laufen die Stiegen hoch und an Gleis fünf wieder runter. Dort angekommen, lautet die Durchsage dann "ICE nach München Gleiswechsel auf Gleis 14". Also rennen wir fluchend wieder zurück. Als wir die Stufen nach unten steigen, fährt bereits der Zug ein. Im Zug dann zumindest eine Entschuldigung des Bordpersonals, das sich den falschen Gleiswechsel selbst nicht erklären kann.

Grafik: Der Standard

Unser Plan, einen Direktzug zu nehmen, denn "was soll da schon passieren", ging auch nicht auf. In Hannover fuhr der Hochgeschwindigkeits-ICE erst einmal gar nicht in den Bahnhof ein, weil er auf den Zug aus Bremen, mit dem er gekoppelt werden sollte, warten musste. Der hatte Verspätung. Auch die Koppelung funktionierte wegen eines technischen Defekts nicht und musste wieder aufgehoben werden. Der Zugteil von Bremen fuhr schließlich allein weiter nach Göttingen, dicht gefolgt von unserem Hamburger Zugteil. Zwischenstand: 50 Minuten Verspätung. "Senk ju for träwelling wis Deutsche Bahn."

Speisewagen geschlossen

In Würzburg wollte ich die lange Fahrtzeit von insgesamt 13 Stunden mit einem Essen aus dem Speisewagen unterbrechen. In dem Moment, in dem ich aufstehen will, sagt die Besatzung durch: "Das Bordrestaurant ist bis Nürnberg geschlossen." Das Essen wird also auf den Umstieg am Bahnhof München verschoben. Dort erwischen wir gerade noch einen Anschluss nach Salzburg. Als wir wieder in einem Railjet sitzen, skandiere ich: "ÖBB! ÖBB! ÖBB!"

Bei der Rückfahrt loggten wir den Interrailpass nicht bis nach Salzburg ein, sondern nur bis Freilassing. Denn der einzige Haken beim Global Pass für zwei Monate: Er beinhaltet nur eine Ausfahrt aus dem Heimatland und eine Rückfahrt. Um einen Monat später einen weiteren Interrail-Trip machen zu können, nutzen wir ab Freilassing also das Klimaticket, das auch auf den ersten Grenzbahnhöfen gilt.

Der Hochgeschwindigkeitszug Frecciarossa fährt mit bis zu 300 km/h durch Italien.
Foto: Stefanie Ruep

Einen Monat später sollte eigentlich schon Frühling sein. Doch in Salzburg schmeißt es den Schnee in dicken Flocken vom Himmel. Die Messengernachricht an diesem Morgen von meiner Interrail-Freundin bringt auch meinen Gemütszustand auf den Punkt: "Wir reisen ab."

Mit dem Frühzug von Salzburg geht es in sechs Stunden nach Venedig. Bereits nach der Tauernschleuse schwingt das Wetter um. Sonnenschein in Kärnten, wir sind im Süden. Nach Venedig gehen die Gleise wieder übers Meer bis zum Bahnhof Santa Lucia. Ein Tag in der Lagunenstadt war ein schöner Zwischenstopp.

Der italienische Hochgeschwindigkeitszug Frecciarossa brachte uns danach mit teilweise 300 Stundenkilometern in nur fünf Stunden und 22 Minuten nach Neapel. Aufpreis für die Reservierung: zehn Euro. In Italien wirkt das Reisen mit der Bahn vielmehr wie ein Statussymbol. Die Bahnhöfe gleichen vom Stil her Flughäfen mit ihren großen Hallen und edlen Geschäften.

Wandern auf dem Götterweg an der Amalfiküste.
Foto: Stefanie Ruep

Nach drei Tagen im hektischen Neapel und einer Wanderung auf den Vesuv fuhren wir gemütlich mit dem etwas in die Jahre gekommenen Regionalzug auf die Halbinsel Sorrent. Ein guter Ausgangspunkt für die Wanderung über den Sentiero degli Die, der sich immer mit Blick auf die Steilküste von Amalfi durch die Lattari-Berge schlängelt. Der Legende nach trägt er seinen Namen, weil einst die Götter diesen Weg wählten, um zu den Sirenen im Meer zu gelangen. Eine klassische Öffi-Wanderung von Bomerano bis Positano. Die Busverbindungen vor Ort sind gut und günstig – die eineinhalbstündige Fahrt nach Positano kostete 3,20 Euro.

Bei der Rückfahrt schauten wir noch zwei Tage in der italienischen Hauptstadt vorbei. Le Frecce schafft die Strecke von Neapel nach Rom in einer Stunde und zehn Minuten. Fast einen Tag in Zügen verbrachten wir bei der Heimfahrt über Bozen und Rosenheim nach Salzburg. In zehn Stunden zurück in den Regen. (Stefanie Ruep, 31.3.2023)