In den letzten Jahrzehnten wurden weltweit verschiedene Varianten von Kaffee kreiert.
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Egal ob Cappuccino, Verlängerter oder Espresso: Kaffee spielt im Leben vieler Menschen eine große Rolle – sei es zum Wachwerden in der Früh oder beim Kaffeeklatsch am Nachmittag. Schon Jahrzehnte vor der aktuellen Debatte – Kuhmilch oder Hafermilch – wurden verschiedene Varianten des koffeinhaltigen Getränks kreiert.

Aktuell erfreut sich vor allem fermentierter Kaffee immer größer werdender Beliebtheit. Durch die Fermentierung erhält der Kaffee einen außergewöhnlichen, leicht sauren Geschmack. Der Ursprung des speziellen Aromas war bisher allerdings völlig unklar. Wissenschafterinnen und Wissenschafter vom Coffee Excellence Center der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften bringen nun Licht ins Dunkel. Sie haben die Ergebnisse ihrer Kaffee-Analyse auf der Frühjahrstagung der American Chemical Society (ACS) vorgestellt.

Aufwendige Verfahren

Ähnlich vielfältig wie die in Österreich üblichen Kaffeespezialitäten ist auch der Herstellungsprozess des Kultgetränks. Die Aufbereitung der beliebten Bohnen kann auf drei Arten erfolgen: Trocken, halbtrocken und nass.

Bei der Trockenaufbereitung, auch ungewaschene oder natürliche Aufbereitung genannt, wird die geerntete Kaffeefrucht nach der Reinigung in der Sonne getrocknet, bis man das Fruchtfleisch und das Silberhäutchen maschinell von der Bohne trennen kann. Während des zwei- bis dreiwöchigen Prozesses müssen die Früchte mehrmals von Hand gewendet werden.

Im Gegensatz dazu wird bei der halbtrockenen Variante das Fruchtfleisch sofort entfernt. Demzufolge wird im Anschluss daran nicht die ganze Frucht getrocknet, sondern lediglich der Kern, also die spätere Kaffeebohne.

Für die nasse Aufbereitung ist – wie der Name vermuten lässt – eine Menge Wasser nötig. Beim aufwendigsten aller Herstellungsprozesse werden ebenso Schale und Fruchtfleisch entfernt, sodass sich an der Bohne nur noch die Schleimschicht und das Silberhäutchen befinden. Danach kommen die Bohnen für zwölf bis 36 Stunden in große, mit Wasser gefüllte Tanks, wo die Fermentierung stattfindet.

Kaffeebohnen werden vor allem in Brasilien, Vietnam, Kolumbien, Indonesien und Äthiopien angebaut.
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Bei der Fermentierung von Kaffee werden die in den Kaffeebohnen enthaltenen Gerbstoffe mithilfe von Bakterienkulturen umgewandelt. Das Aroma kann dadurch nachhaltig beeinflusst werden: "Die Aromen in fermentiertem Kaffee ähneln oft eher denen von Fruchtsäften", erklärt Chahan Yeretzian, der Leiter der Studie.

Im Anschluss an die Fermentierung werden die Bohnen gründlich gewaschen. Diese zeit- und arbeitsintensive Methode produziert qualitativ hochwertige Kaffeebohnen, weshalb sie gerade in der Luxusindustrie immer beliebter werden.

Himbeeren und Rosenwasser

Für die Untersuchung der Zürcher Forschungsgruppe wurde Arabica-Kaffee verwendet, der gemäß den drei bekannten Methoden aufbereitet wurde. Dadurch sollte geklärt werden, wie sich das Fermentationsverfahren stofflich auf die Aromastoffe der Bohnen auswirkt. Die Forscherinnen und Forscher brauten zunächst Kaffee aus jeder der drei vorhandenen Kaffeebohnensorten.

Dafür wurden die Aromastoffe des gerösteten und gemahlenen Kaffees zunächst mittels Gaschromatografie, einem chemischen Trennverfahren, in einzelne Komponenten extrahiert. Danach wurden die Proben mithilfe eines Massenspektrometers chemisch entschlüsselt und charakterisiert.

Im Anschluss daran wurden weniger wissenschaftliche Methoden herangezogen: "Da die chemische Signatur uns nicht sagt, wie eine Verbindung riecht, mussten wir uns nach der chemischen Analyse auf die menschliche Nase verlassen", erzählt Yeretzian. Diese sensorische Bewertung hat schlussendlich ergeben, dass der fermentierte Kaffee nach Himbeere mit einem Hauch von Rosenwasser riecht.

Organische Geschmacksstoffe

"Natürlich ist Geruch eine subjektive Wahrnehmung, aber in diesem Fall war die Duftbeschreibung innerhalb der Versuchsgruppen sehr konsistent." Die Forschenden konnten schließlich drei von sechs Verbindungen identifizieren, die im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Aroma des Kaffees stehen: 2-Methylpropanal, 3-Methylbutanal und 3-Methylbutanoat-Ethyl.

In naher Zukunft will das Team um Yeretzian die restlichen Substanzen identifizieren sowie die Intensität der verschiedenen Geschmacks- und Duftstoffe differenzieren. Zusätzlich ist der genaue Entstehungsmechanismus der Verbindungen bei der Fermentierung weiterhin unklar.

Einen Einfluss könnten Anbaupraktiken, die Sorte der Kaffeebohne und die Art der verwendeten Bakterien haben. Sobald die Entstehung der Substanzen geklärt ist, könnte die Produktion von fermentiertem Kaffee beschleunigt werden – damit noch mehr Menschen in den Genuss des besonderen Geschmacks kommen. (Anna Tratter, 1.4.2023)