Am Donnerstag wurde über die Zukunft der Bankgeschäfte diskutiert.

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Wien/Moskau – Ungewöhnlicher Auftakt zur Hauptversammlung der Raiffeisen Bank International (RBI) am Donnerstagvormittag: Vor dem Wiener Hotel Hilton, gleich ums Eck der Zentrale des Instituts, hatte sich eine kleine Gruppe an Demonstranten versammelt, um gegen die Präsenz der RBI in Russland zu protestieren. "Hör auf, den Krieg zu finanzieren" war etwa auf einem mit dem Raiffeisen-Giebelkreuz versehenen Plakat zu lesen, das zwei Frauen, eine gelb-blaue Fahne über die Schultern gehängt, hielten. Während draußen also Demonstranten in Anwesenheit von Polizisten abwechselnd Reden hielten und in Tröten bliesen, nahm drin, im Hotel am Stadtpark, die auch virtuell übertragene Aktionärsversammlung ihren Lauf.

Das Thema Russland, wo die Moskauer Banktochter zuletzt rund zwei Milliarden Euro zum RBI-Gesamtgewinn von 3,6 Milliarden Euro beisteuerte, beherrschte auch die Hauptversammlung (HV) von Anfang an. Der Vorsitzende der HV, Aufsichtsratschef Erwin Hameseder, kam in seiner Begrüßung gleich aufs Thema zu sprechen, RBI-Chef Johann Strobl tat es ihm dann gleich. Hameseder hielt fest, dass Kritik, wonach sich die RBI am Krieg bereichern wolle, "absurd" sei; die Entscheidung, wie man in Russland weitertun werde, sei sehr komplex. Bei einem etwaigen Verkauf der Russland-Tochter müsse man auch mitbedenken, dass dabei "auch die russische Staatskasse gefüllt würde".

Varianten Abspaltung und Verkauf

Anschließend war RBI-Chef Strobl am Wort, man konzentriere sich auf Transaktionen, die zum Ausstieg führen, sagte er. Er wiederholte, dass man die Optionen prüfe. Konkret gehe es um einen Verkauf oder eine Abspaltung. Bisher hielt sich das Institut in Bezug auf Russland "alle Optionen" offen, wodurch der Eindruck entstand, man wolle den Ukrainekrieg und die Sanktionen aussitzen.

"Wir haben uns dazu entschieden, dass wir mögliche Transaktionen, die zu einem Verkauf oder einer Abspaltung der Raiffeisenbank Russland und ihrer Entkonsolidierung aus dem RBI-Konzern führen, in voller Übereinstimmung mit den lokalen und internationalen Gesetzen und Vorschriften und in Absprache mit den jeweils zuständigen Behörden weiterverfolgen", sagte Strobl. Während man diese möglichen Transaktionen weiterverfolge, würde man die Geschäftsaktivitäten in Russland weiter reduzieren, kündigte er an. Strobl betonte, dass die RBI auch ohne Russland gute Profite mache (rund eine Milliarde Euro) und dass auch die Kernkapitalquote bei einer Entkonsolidierung der Russland-Tochter "robust" bleiben würde.

Noch kein Zeitplan

Einen Zeitplan für diese Optionen nannte Strobl nicht. Eine Abspaltung würde zumindest einige Monate dauern. Ein Verkauf könnte schneller gehen, sofern es einen Käufer gibt. In beiden Fällen bräuchte die RBI eine Reihe behördlicher Genehmigungen, bei einem Verkauf zudem einen Käufer, der nicht sanktioniert ist, und eine "Sonderentscheidung" des russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Bei einer Abspaltung würden die RBI-Aktionäre dann zwei Aktien besitzen, eine für die RBI ohne Russland und eine zweite für das Russland-Geschäft. Laut Spaltungsgesetz müsste die zweite Aktie an einer europäischen Börse notieren.

"Theoretische Überlegungen" zu Sber

Im Zusammenhang mit der Idee, der früheren Sberbank und heutigen Abwicklungsgesellschaft Sber Assets abzukaufen, meinte Strobl: "Wir haben eine Einladung angenommen, theoretisch zu überlegen, wie auch wir an einem Asset-Tausch teilnehmen können." Derlei sei ein "üblicher Vorgang, auch wenn er kritisiert wurde". Dass schon bisher Kreditportfolios an andere – auch österreichische Banken – verkauft worden seien, habe auch positive Effekte für die Einleger gebracht. (gra, APA, 30.3.2023)