Das Verlegerpaar Dichand: Eva Dichand ist "Heute"-Chefin, Ehemann Christoph Dichand "Krone"-Erbe und -Chefredakteur.

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Lange wurde darüber spekuliert, am Donnerstag wurde es Gewissheit: Die WKStA hat offenbar die Verlegerfamilie Dichand ins Visier genommen. So gab es eine Hausdurchsuchung im Zusammenhang mit der verlegerischen Tätigkeit von Eva Dichand bei "Heute"; sie ist die Ehefrau von "Krone"-Chef Christoph Dichand. Ö1 berichtete im "Mittagsjournal"; Eva und Christoph Dichand reagierten auf Anfragen nicht, Sebastian Kurz wollte sich vorerst nicht äußern. Am Nachmittag wies der Verlag von "Heute", die AHVV GmbH, die Anschuldigungen zurück. Die Hausdurchsuchung im Verlag war am späten Nachmittag noch immer im Gange.

Offenbar sind die Ermittlungsschritte Ergebnis des Geständnisses des ehemaligen Generalsekretärs im Finanzministerium Thomas Schmid. Schmid hat in einer schriftlichen Stellungnahme schwere Vorwürfe gegen Unternehmer wie beispielsweise René Benko und Ronny Pecik geäußert. Ein Teil dieser Stellungnahme war nur geschwärzt in den Ermittlungsakt der Behörde gelangt.

In einer Aussendung der WKStA hieß es, dass Hausdurchsuchungen "an mehreren Unternehmensstandorten in Wien" stattgefunden hätten. Inhalt der Ermittlungen sei der "Verdacht einer strafrechtlich relevanten Vereinbarung" unter anderem "über strafrechtlich relevante Inseratenschaltungen" des Finanzministeriums in zwei österreichischen Tageszeitungen, nämlich "Heute" und "Krone" – die WKStA nennt diese nicht namentlich.

Bekannte und neue prominente Beschuldigte

Es wurden in der "Causa Heute" Ermittlungen gegen Sebastian Kurz und acht weitere Personen sowie einen Verband eingeleitet, es geht um den Verdacht der Untreue, der Bestechlichkeit und Bestechung sowie bei zwei Personen auch den Verdacht des Missbrauchs der Amtsgewalt, und es gilt für alle die Unschuldsvermutung. Unter den Beschuldigten finden sich auch "Krone"-Herausgeber Christoph Dichand, er soll einen Deal zwischen Krone und Finanzministerium "durch Eva Dichand verhandeln und abschließen" habe lassen. Außerdem habe er Schmid zum Beispiel zugesagt, im Sinne von Kurz "das Thema Kalte Progression in der Krone groß zu spielen". Den Dichands und einem Manager von "Heute“ wird Bestechung vorgeworfen, Vorteile wurden "teils versprochen, teils angeboten".

Unter den Beschuldigten finden sich, wie in der Inseratenaffäre, die Kurz-Berater Gerald Fleischmann – jetzt wieder Kommunikationschef der ÖVP – sowie Stefan Steiner und Johannes Frischmann. Außerdem wird erneut die ÖVP Bundespartei nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz als Beschuldigte geführt.

Die Angelegenheit dreht sich außerdem um das sogenannte Stiftungsthema: Eva Dichand hat sich bekanntermaßen gemeinsam mit anderen für eine Änderung des Privatstiftungsrechts eingesetzt. Worum es gegangen sein soll: mehr Flexibilität im Stiftungsrecht, weniger Transparenz und die Möglichkeit, eine Stiftung zu vergünstigten Steuersätzen aufzulösen.

"Politische Hilfsbereitschaft"

Gemäß Aussagen von Schmid, der ja Kronzeuge werden will und der Staatsanwaltschaft daher auch neue Ermittlungsansätze liefern muss, habe ihn Dichand erstmals 2015 mit "ihrem Anliegen" kontaktiert.

Als sie dann 2017 und 2018 wieder damit an ihn herangetreten sei, habe er in erster Linie "Goodwill" zeigen wollen. Und zwar, indem "man sie beim Thema Stiftungen und auch durch (…) die Vergabe von Inseraten an die 'Kronen Zeitung' und die Tageszeitung 'Heute' unterstützte". Diese "politische Hilfsbereitschaft" sei Sebastian Kurz zugutegekommen, dem Schmid "gute Presseberichterstattung sichern" habe wollen.

Nach einem Termin mit dem damaligen Justizminister Wolfgang Brandstetter (von der ÖVP nominiert) wurde eine gemeinsame Arbeitsgruppe von Justiz- und Finanzministerium etabliert. Abseits dessen habe es immer wieder Treffen zwischen Schmid und der Verlegerin gegeben. Die geplante Novelle zum Stiftungsgesetz, die mehr Offenlegungspflichten vorgesehen hätte, hat das Finanzministerium in seiner Stellungnahme negativ beurteilt. Gemäß den Vorwürfen sei dies "wie von Eva Dichand gewünscht, jedoch ohne auf einer objektiven Grundlage zu basieren", geschehen – und daher "parteilich motiviert".

"Hoffe, sehr negativ"

Per Chat informierte Schmid die Verlegerin am 17. Juli 2017, dass "wir morgen unsere negative Stellungnahme zum Stiftungsgesetz des BMF abgeben". Sie antwortete: "(…) Danke für Info, Hoffe, sehr negativ. (…)"

Laut Schmid stellte Dichand "eine wohlwollende Berichterstattung für Kurz in Aussicht, insbesondere in der immanent wichtigen Zeit des letztlich erfolgreichen Wahlkampfs". Kurz sei "selbstredend stets über das Vorgehen des Schmid informiert" worden, dieser habe Kurz auch regelmäßig von Treffen und Gesprächen mit Dichand berichtet.

Abseits des Stiftungsthemas (zur Novelle ist es dann nicht gekommen) soll es bei den Gesprächen zwischen Eva Dichand und dem damaligen Generalsekretär im Finanzministerium auch um Inserate gegangen sein. Gemäß Schmids Vorwürfen habe die Verlegerin zwischen 2017 und 2019 immer wieder moniert, dass die Tageszeitung "Österreich" mehr Inserate und damit "höhere Zahlungen" bekomme als die "Kronen Zeitung" und "Heute". Bezüglich Inseratenvergaben an "Österreich" laufen ja schon seit Herbst 2022 Ermittlungen, diese haben schließlich zum Rücktritt des damaligen Bundeskanzlers Kurz geführt.

"Erledigt wie besprochen!"

Schmid sagte der WKStA, dass er in der Folge den zuständigen Mitarbeiter im Ministerium beauftragt habe, die Inseratenvergabe entsprechend dem Wunsch Dichands "im Sinne einer Verschiebung hin zur 'Kronen Zeitung' und der Tageszeitung 'Heute' in wie auch immer gearteter Form anzupassen".

Die Erfolgsmeldung sei am 12. September 2017 per Chat erfolgt: "Wurde gerade informiert dass beides erledigt wurde wie besprochen!" Dichands Antwort: "Ja! Auch gehört! Danke. Christoph kommt heute zu Eurem Umdrunk (ich gehe Fashion show =D)"

Geht es nach der Darstellung von Thomas Schmid, wäre die Rechnung aufgegangen. In einem Chat an Kurz schrieb er im März 2017, also bevor dieser offiziell ÖVP-Chef war: "Hatte sehr langes und gutes Gespräch mit Eva Dichand und in der Folge mit Helmuth Fellner! Hier ist wirklich etwas gelungen! Beide stehen voll hinter dir! In dieser Form gab es das bei einem ÖVP Kandidaten sicherlich noch nie. Einige Punkte müssen aber verstärkt beachtet werden: Stiftungen, Presseförderung, RTR usw (…) Liebe Grüße Thomas."

Dichand weist Vorwurf zurück

Per Twitter meldete sich Eva Dichand am Nachmittag so: "Die Aussage von Thomas Schmitt ich hätte positive Berichterstattung bei Heute und Kronen Zeitung (!? :) ) im Gegenzug zu Inseraten vereinbart ist einfach FALSCH." Und Christian Nusser, Chefredakteur von "Heute", twitterte Folgendes: "Ich bin für den Inhalt von 'Heute' zu 100 Prozent verantwortlich, Frau Dr. Dichand nimmt null Einfluss auf meine redaktionellen Tagesentscheidungen, sie sitzt zu keiner Stunde im Newsroom." (Renate Graber, Fabian Schmid, 30.3.2023)