Der Papst habe eine ruhige Nacht – "glatt wie Öl" – verbracht, meldete der Vatikan am Donnerstagvormittag. Franziskus sei guter Dinge, aber auch noch etwas müde. Zu Mittag trat Vatikansprecher Matteo Bruni dann kurzfristig vor die Medien und sprach von einer "progressiven Verbesserung" des Gesundheitszustands bei Franziskus.

Papst Franziskus verbrachte die Nacht im Spital.
DER STANDARD

Am Abend zuvor hatte das vatikanische Presseamt gemeldet, dass der Papst Schwierigkeiten mit der Atmung habe und eine Infektion der Lungen festgestellt worden sei. Eine Corona-Infektion könne aber ausgeschlossen werden. Wie lange der Papst im Spital bleiben müsse und ob er überhaupt persönlich an den am kommenden Palmsonntag beginnenden Osterfeierlichkeiten teilnehmen könne – das blieb vorerst offen.

Papst Franziskus am Mittwoch am Ende der Generalaudienz, seine Schmerzen sind offensichtlich.
Foto: AP Photo/Alessandra Tarantino

Italienische Medien, die sich auf Quellen in der Klinik beriefen, berichteten von "Herzproblemen" und einem "starken Druck auf den Brustkorb", den Franziskus verspürt habe. Das klang alles sehr viel ernster, als es eine erste vatikanische Verlautbarung am Mittwochnachmittag suggerieren wollte: Diese sprach im Zusammenhang mit der Hospitalisierung verharmlosend von "zuvor geplanten Untersuchungen". In Wahrheit sei der Papst "notfallmäßig" mit der Rettung in die Gemelli-Klinik gebracht worden.

Plötzliche Probleme

Die neue gesundheitliche Krise des katholischen Kirchenoberhaupts ist überraschend gekommen: Zu Mittag hatte Franziskus auf dem Petersplatz noch wie jeden Mittwoch seine Generalaudienz gehalten, den tausenden versammelten Gläubigen zugewunken und Kindern auf die Stirn geküsst. Allerdings hatte der Papst Mühe beim Ein- und Aussteigen aus dem Papamobil; das Foto einer Presseagentur zeigte sein schmerzverzerrtes Gesicht. Nach seiner Rückkehr in das vatikanische Pilgerheim Santa Marta, wo Franziskus wohnt, verschlechterte sich am Nachmittag sein Zustand dann offenbar.

Zuletzt war der Papst im Juli 2021 zu einem längeren Spitalsaufenthalt gezwungen gewesen, als ihm wegen einer Darm-Entzündung (Divertikulitis) in einer mehrstündigen Operation ein 33 Zentimeter langes Stück des Dickdarms entfernt werden musste.

Osterfeiern ohne Franziskus?

Die erneute Verlegung ins Krankenhaus hat im Vatikan die Sorge aufkommen lassen, ob Franziskus in der Lage sei, die kommenden Osterfeierlichkeiten zu leiten. Am Donnerstagnachmittag wurden Ersatzkandidaten für Feierlichkeiten bekannt. Das Osterprogramm ist für den Papst das wichtigste und mit den meisten Verpflichtungen befrachtete des ganzen Jahres: Es beginnt mit der Palmsonntag-Messe am kommenden Sonntag, es geht weiter mit den Feiern und der Fußwaschung am Gründonnerstag und der Kreuzweg-Prozession beim Kolosseum am Karfreitag – dem Sterbetag Jesu.

Am Samstagabend steht die Auferstehungsmesse im Petersdom auf dem Programm. Zum Abschluss erfolgt am Ostersonntag das feierliche Hochamt mit dem Segen "für die Stadt und den Erdkreis" (Urbi et orbi) auf dem Petersplatz. Für einen 86-Jährigen mit angeschlagener Gesundheit erscheint dies alles als etwas zu viel.

Am Donnerstag haben auf dem Petersplatz die Vorbereitungen für die Messe am Palmsonntag begonnen. Diese wird Kardinal Leonardo Sandri, stellvertretender Dekan des Kardinalskollegiums, übernehmen. "Ich kann bestätigen, dass ich die Messe am Palmsonntag zelebrieren werde. Ich hoffe natürlich, dass der Papst wieder gesund wird und den Liturgien wie bei anderen Gelegenheiten vorstehen kann, auch wenn ein Kardinal am Altar steht", erklärte der Argentinier Medienangaben zufolge.

Sandri versicherte, dass "das ganze Volk Gottes im Gebet vor allem für seine schnelle Genesung mit Papst Franziskus vereint sein wird". In der Zwischenzeit wurde bekannt, dass die Ostermesse von Kardinaldekan Giovanni Battista Re, die Chrisammesse am Morgen des Gründonnerstags von Kardinalvikar Angelo De Donatis und die Nachmittagsmesse "in Coena Domini" mit dem Ritus der Fußwaschung vom Erzpriester des Petersdoms, Kardinal Mauro Gambetti, zelebriert werden wird.

"Optimismus"

Aus der Klinik hieß es am Donnerstag noch, der Papst habe sich so gut erholt, dass er vielleicht die Messe am Palmsonntag wahrnehmen könnte; das medizinische Personal sei "optimistisch". Indirekt bestätigte Vatikansprecher Bruni die positive Tendenz.

Laut vorerst unbestätigten Medienberichten habe der Papst immer noch etwas Fieber und müsse bestimmt noch "zwei oder drei Tage" das Bett hüten. Möglich wäre immerhin auch, dass Franziskus zumindest einen Teil der Messe in Live-Übertragung von seinem Krankenzimmer in der Gemelli-Klinik aus zelebrieren könnte.

Ähnliches war schon unter dem schwer kranken Papst Johannes Paul II. und auch unter Franziskus bei seinem bisher letzten Spitalsaufenthalt gemacht worden.

In wenigen Tagen werden wieder zehntausende Gläubige am Petersplatz die Osterfeierlichkeiten begehen.
Foto: AP Photo/Gregorio Borgia

Genesungswünsche kamen sogleich von Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella. Und auch US-Präsident Joe Biden – der erste Katholik im Weißen Haus seit John F. Kennedy – erklärte, er sei besorgt um Franziskus, der "ein guter Freund" sei.

Rücktritt kein Thema

Die erneuten körperlichen Beschwerden – Franziskus hat auch Probleme mit den Knien und kann sich fast nur noch am Gehstock oder im Rollstuhl bewegen – haben einmal mehr Spekulationen über einen möglichen Rücktritt befeuert. Ende Juli vergangenen Jahres kündigte der Papst an, weniger reisen zu wollen. Er müsse "seine Kräfte ein wenig aufsparen" oder "andernfalls über die Möglichkeit nachdenken, beiseite zu treten". Der Gedanke an einen Rücktritt war in der katholischen Kirche jahrhundertelang undenkbar – erst Joseph Ratzinger alias Benedikt XVI. hatte sich 2013 zu solch einem Schritt entschlossen. Nachfolger wurde eben Franziskus, der erst vor wenigen Tagen sein zehnjähriges Amtsjubiläum beging.

Dessen ungeachtet sind längst die nächsten Auslandsreisen geplant: Ende April fliegt er nach Ungarn, im August nach Portugal. Und auch über einen Besuch in Frankreich, Indien, im Libanon und sogar in der Mongolei wird im Vatikan nachgedacht.

Prinzipiell betonte Franziskus unlängst, das Papstamt werde mit dem Kopf und nicht mit den Füßen oder den Beinen ausgeübt – und solange er klar denken könne, werde er nicht zurücktreten. Grundsätzlich sei er der Ansicht, dass es sich beim Papstamt um ein Amt auf Lebenszeit handle. Papst-Rücktritte sollten "nicht zur Mode werden". (Dominik Straub aus Rom, APA, red, 30.3.2023)