Der Gebäudesektor ist neben dem Verkehr einer der größeren Klimasünder. Häuser, die noch nicht gedämmt und mit neuen Fenstern ausgestattet sind, die über eine Gas- oder Ölheizung verfügen, sie alle müssen über kurz oder lang saniert werden. All diese Bauten verursachen in Summe immerhin bis zu 37 Prozent der CO2-Emissionen. Und sie fressen mit 40 Prozent des Verbrauchs viel Energie.

Mitte März hat sich das EU-Parlament auf eine Verschärfung der Gebäudeeffizienzrichtlinie verständigt. Es geht vor allem darum, Energieeffizienzstandards in den Mitgliedsstaaten einheitlich zu regulieren und Gebäude mit niedriger Energieklasse zu renovieren. Demnach sollen Neubauten ab 2028 emissionsfrei sein. Nicht überraschend und wohl auch kein größeres Problem. Anders sieht es bei bestehenden Gebäuden aus. Das EU-Parlament sprach sich nämlich für eine verpflichtende Sanierung aus. Demnach sollen Wohngebäude dem Vorschlag zufolge bis 2030 mindestens Energieeffizienzklasse E und bis 2033 Klasse D erreichen. Laut EU handelt es sich um etwa 15 Prozent der Gebäude in den Mitgliedsstaaten, die in der niedrigsten Klasse G eingestuft sind.

Sanierungspflicht

Eine umfassende energetische Sanierung wäre damit wohl für Häuser der schlechtesten Energieeffizienzklasse G (die Skala reicht von A bis G) unumgänglich. Fenster austauschen, neue Solaranlagen auf das Dach und Dämmung von Fassade und Dach: Für Häuser und Wohnungen in der EU, die bisher in den schlechtesten Energieklassen des Landes eingeordnet sind, soll vorgeschrieben werden, dass sie bis Ende des Jahrzehnts einen höheren Energiestandard erreichen.

Viele Gebäude sind schlecht gedämmt und haben ineffiziente Heizungen. Das soll sich ändern. Die EU-Kommission hatte gefordert, dass Wohngebäude ab 2030 die Gesamtenergieeffizienzklasse F und ab 2033 die Klasse E erreichen sollten. Das EU-Parlament wünscht sich mehr Anstrengungen.
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Endgültig ist die Entscheidung noch nicht. Der EU-Plan braucht die Zustimmung der Mitgliedsländer. Für die Umsetzung sind die Nationalstaaten zuständig. Hierzulande fällt das Thema hauptsächlich in Länderkompetenz – etwa mit den Bauordnungen. Dazu kommt etwa das Erneuerbaren-Wärme-Gesetz, das noch des Beschlusses im Parlament harrt.

Sanierungsoffensive

Der Staat macht schon jetzt bis 2025 im Rahmen der Sanierungsoffensive für moderne Heizungen und die thermische Sanierung satte 1,9 Milliarden Euro locker. Bisher wurde davon erst ein kleiner Teil beantragt oder zugesagt. Laut Klimaschutzministerium kamen gut 64.850 Anträge auf Förderungen im Rahmen von "Raus aus Öl und Gas" in Ein- und Zweifamilienhäusern. Registriert haben sich bislang 11.880 Interessierte – für eine Fördersumme von 89,1 Millionen. Seit 2022 gibt es pro Projekt bis zu 7.500 Euro. Abgesehen davon bekommen Haushalte mit geringem Einkommen bis zu 100 Prozent der Kosten für eine neue Heizung ersetzt. Für den Sanierungsscheck sind 11.400 Anträge auf 40,8 Mio. Euro in diesem Segment eingegangen. Für die thermische Gebäudesanierung haben gut 84 Betriebe Anträge auf Förderungen in Höhe von 28, 5 Mio. Euro gestellt.

Geschäft boomt

Einer, der von den Bestrebungen zu mehr Energieeffizienz und energiesparenden Lösungen profitiert, ist Austria Email. Das Geschäft mit Heizungs- und Warmwassertechnik – in der Steiermark werden vor allem Warmwasserspeicher, Elektroboiler gefertigt – boomt. Bereits 2018/2019 hätte in sehr vielen Regionen und Exportmärkten nach längerer Stagnation Wachstum eingesetzt, sagt Austria-Email-Chef Martin Hagleitner. "Nach der kurzen Covid-bedingten Schockstarre sind sehr viele der Ausgaben, die sonst in Fernreisen, Lifestyle und Einrichtung gegangen sind, in bis dahin vernachlässigte Keller geflossen." Auch das Bekenntnis zu Klimaschutz sei bei den Konsumenten und Konsumentinnen angekommen. 2022 stieg der Umsatz um knapp ein Drittel auf 146 Millionen Euro. Im Jahr davor um rund ein Viertel.

Hoher Sanierungsbedarf

Der Sanierungsbedarf sei hoch, sagt Hagleitner. Die Sanierungsrate – nicht nur die Erneuerung alter Boiler oder Heizungen, sondern auch thermische Sanierungsmaßnahmen – müsse sich in Summe verdreifachen, um die Ziele zu erreichen, meint Hagleitner: "Wir haben in Europa und in Österreich einen überalteten Gebäudebestand." Geschätzt zwei Drittel der Anlagen seien nicht mehr auf dem Stand der Technik. Selbst wenn es neuwertigere Anlagen seien, in vielen Fällen würden die Fachinstallateure feststellen, dass diese nicht gewartet, überdimensioniert, nicht hydraulisch abgeglichen seien.

Schulen, Kindergärten, Einfamilienhäuser, Wohnbauten – viele Gebäude gehören saniert.
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Müsste man die nicht alle abreißen? Immerhin kann so eine Generalsanierung für ein in die Jahre gekommenes Einfamilienhaus aus den 1960er- oder 1970er-Jahren nach Einschätzung vieler Experten schnell einmal mit 100.000 Euro zu Buche schlagen. Nein, sagt Hagleitner. Man könne mit einer Kombination von Einzelmaßnahmen viel erreichen. Willi Haas, Forscher am Institut für soziale Ökologie an der Boku, sieht das ähnlich: "Thermische Sanierung hat aus meiner Sicht Vorrang, wobei es natürlich schon auf klug durchgeführte Sanierungen ankommt, und das Maximum im Einzelfall ist nicht immer das Optimum, wenn es um den Klimafußabdruck steht."

Beim Gemeindebund sorgen die geplanten Vorgaben für Sorgenfalten. Immerhin würden die Vorgaben rund 70.000 Gebäude betreffen. Um sie alle auf die Höhe der Zeit zu bringen, müssten wohl Milliarden fließen. Das betreffe auch die große Anzahl an im Privatbesitz befindlichen Einfamilienhäusern. Wie viele das sind, lässt sich nur schätzen.

Mit kosmetischen Verbesserungen ist es oft nicht getan.
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Von den 2,2 Millionen Gebäuden, die die Statistik (2011) erfasst, sind gut 1,9 Millionen Privatpersonen zuzurechnen. Gut ein Viertel davon könnte von der Sanierungspflicht betroffen sein. Auch was kommunale Gebäude betrifft, zeigt sich der Gemeindebund skeptisch – unter anderem, was die Umsetzungsfristen sowohl bei den Renovierungen der schlechtesten Gebäude als auch beim Neubau betrifft. Das Klimaschutzministerium hingegen geht von insgesamt 300.000 Gebäuden aus, die in Österreich saniert werden müssten.

Hagleitner stellt die positiven Aussichten in den Vordergrund: Trotz der hohen Energie- und Betriebskosten würde unterschätzt, dass bis zu 90 Prozent des Energieverbrauchs in Haushalten mit Heizung, Warmwasser und teilweise Kühlung zu tun habe. Das Bewusstsein sei schon vor der Energiepreisexplosion gestiegen, "der Leidensdruck kam mit den steigenden Energiekosten", sagt Hagleitner. Auch Boku-Forscher Willi Haas verweist darauf, dass Sanierung die Betriebskosten für die Nutzer reduziere. Durch sorgfältig überlegte Begleitmaßnahmen sei das zu bewerkstelligen. Sorgen macht ihm ein anderer Aspekt: "Der Rückbau von Gebäuden und auch Straßenbau sind in der Klima- und Nachhaltigkeitsdebatte Tabuthemen, obwohl solche Aspekte zu thematisieren höchst an der Zeit wäre, wollen wir proklamierte Ziele erreichen." (Regina Bruckner, 31.3.2023)