Tausende Menschen versammelten sich und demonstrierten lautstark für strikte Waffengesetze im Kapitol in Tennessee, während Republikaner gerade ins Gebäude eintraten.

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Mehr als 1.000 Eltern sowie Schülerinnen und Schüler protestierten am Donnerstag vor dem Kapitol des US-Bundesstaates Tennessee und forderten eine Verschärfung der Waffengesetze nach dem tödlichen Attentat in einer Schule in Nashville am Montag.

Demonstrierend säumten und blockierten sie die Gänge des Kapitols, Sprechchöre skandierten "Rettet unsere Kinder". Ihr Ziel: die volle Aufmerksamkeit der republikanischen Gesetzgebenden, als diese in dem Gebäude an ihnen vorbeizogen.

Eigentlich ist alles ähnlich wie sonst auch in den USA: Es kommt zu einem "School-Shooting", kurz entfacht das wieder die Debatte über strengere Waffengesetze, und letztlich gibt es doch keine Konsequenzen. Eine Person namens Audrey Hale (28) trat am Montag in Nashville in eine Schule ein, tötete mit mehreren Schusswaffen sechs Personen, darunter Kinder und Lehrpersonen.

Für Länder wie Österreich unvorstellbar, wie am selben Tag ein Bundesrichter eine staatliche Regelung erlassen kann, die es Personen ab 18 Jahren erlaubt, ohne Genehmigung eine Handfeuerwaffe zu tragen. Nicht nur das, in diesem Jahr brachten Republikaner außerdem in Tennessee Gesetzesvorlagen ein, die die Bewaffnung von Lehrern erlauben und Studenten gestatten würden, Waffen auf ihrem Campus zu tragen.

Anderswo unvorstellbar ist auch, wie nur Tage später in Florida dafür gestimmt werden kann, dass Menschen ihre Waffen ohne staatliche Genehmigung tragen dürfen. Am Donnerstag fasste die mehrheitlich republikanische Legislatur in dem Bundesstaat den Beschluss, Gouverneur Ron DeSantis löste damit sein Wahlversprechen ein. DeSantis, der in einem "Sportartikel"-Geschäft (in diesen werden in den USA Schusswaffen verkauft) in Georgia für sein neues Buch warb, versprach, das Gesetz schnell umzusetzen.

Kontinuierlich lockerer

Trotz einer Häufung von School-Shootings, die den Ruf nach umfassenderen Einschränkungen des Waffenbesitzes wieder einmal laut werden ließ, haben Republikaner in verschiedenen Bundesstaaten den Zugang zu Waffen immer weiter ausgebaut.

In den Staaten Kentucky, Ohio, Nebraska, Texas und Virginia drängen Republikaner auf die Einschränkung waffenfreier Zonen, wollen Background-Checks von Personen abschaffen und sogenannte Red-Flag-Gesetze zurücknehmen. Mit dieser Regelung können Behörden jenen Personen Schusswaffen entziehen, die eine Gefahr für sich selbst oder andere darstellen.

Trauernde bei einer Gedenkstätte vor der Covent-Schule in Nashville.
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Demokratische Politiker, wie es etwa North Carolinas Gouverneur Roy Cooper der "New York Times" erzählte, sehen eine sich immer verschlechternde Situation. Am Mittwoch erst hatten Gesetzgeber seines Bundesstaates (mit Republikanern in der Überzahl) ein jahrhundertealtes Genehmigungssystem für Pistolen abgeschafft. In 25 Bundesstaaten ist für das Tragen einer Handfeuerwaffe keine Genehmigung erforderlich – neun mehr als im Jahr 2020.

Trauriges Paradebeispiel Tennessee

Nicht nur Demokraten, auch Fachleute sprechen in den USA von einer immer schneller wachsenden Ausweitung lockerer Waffengesetze. Gerade in dem erst von einem Amoklauf betroffenen Tennessee zeigt sich diese Entwicklung.

In den letzten Jahren haben republikanische Gesetzgebende hier eine Reihe von waffenfreundlichen Maßnahmen verabschiedet. Sie schafften einige Genehmigungsanforderungen ab und erlaubten den meisten Einwohnerinnen und Einwohnern, geladene Waffen in der Öffentlichkeit offen oder verdeckt zu tragen – ohne Überprüfung und Ausbildung.

Ein Vertreter der Vereinigung der Sheriffs von Tennessee sprach sich damals sogar bei einer Anhörung stark für die Genehmigungsregelung aus, weil es der Strafverfolgung sonst schwerfallen würde festzustellen, ob eine Person unrechtmäßig eine Waffe bei sich trage. Der republikanische Abgeordnete Jerry Sexton warf ihm daraufhin vor, er wolle "die Rechte von uns als Volk verletzen". "Ich bin beleidigt über die Tatsache, dass Sie das tun", sagte Sexton. "Sie müssen sich zurückhalten und die Bürger Bürger sein lassen."

Familienfoto mit Schusswaffe kritisiert

Heftige Kritik von linker Seite zog einer der Abgeordneten in Tennessee kurz nach der Tat auf sich. Der Republikaner Andy Ogles, zu dessen Wahlkreis die Schule in Nashville gehört, postete 2021 ein Weihnachtsfoto seiner Familie, auf dem er mit Gewehren posierte. "Warum sollte ich ein Foto mit meiner Familie bedauern, auf dem ich mein Recht, Waffen zu tragen, ausübe?", soll er dazu gesagt haben.

Der Gouverneur von Tennessee, Bill Lee, sprach in seiner Rede anlässlich des Attentats nur davon, "zu handeln, um zu verhindern, dass so etwas in Tennessee noch einmal passiert". Konkrete Angaben, wie dies passieren soll, machte er nicht. Auch andere Abgeordnete sprachen – wie zumeist – nur von mehr Sicherheitspersonen in den Schulen statt von härteren Waffengesetzen.

Medienberichten zufolge soll die Person, die am Montag sechs Menschen in der Convent-School in Nashville getötet hat, wegen psychischer Erkrankungen in ärztlicher Behandlung gewesen sein. Ein Gesetz, das es ermöglichen würde, Menschen in solchen Fällen ihre Waffen zu entziehen, gibt es derzeit nicht. (Melanie Raidl, 31.3.2023)