Kaiser Friedrich III. stammte aus Innsbruck und wurde 1452 zum Kaiser des Heiligen Römischen Reichs gekrönt. Viele der von ihm errichteten Gebäude sind mit seinem Motto A.E.I.O.U. beschriftet.
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Eigentlich ist es nur die Reihe der fünf Vokale des lateinischen Alphabets: A.E.I.O.U. Der Habsburgerkaiser Friedrich III. wählte die Buchstaben zu seinem Motto und schuf damit ein Rätsel, das die Menschen bis heute beschäftigt.

Viele seiner Bauten tragen die Buchstabenfolge. Man findet sie in Wiener Neustadt, am Linzer Schloss oder dem Dom und der Burg in Graz. Auf dem von ihm errichteten Trakt der Burg, seinem Regierungssitz, findet sich die Folge ganze fünfmal. Ein anderer Trakt trägt vier weitere Inschriften mit dem Motto.

Umso erstaunlicher sind die Unklarheiten um seine Bedeutung. Schon Zeitgenossen des Kaisers rätselten um die Bedeutung der Buchstabenformel. Die deutsche Version "Alles Erdreich ist Österreich untertan" ist wenig plausibel. Wahrscheinlicher ist das "Austria erit in orbe ultima" (Österreich wird bestehen bis ans Ende der Welt)". Doch auch "Austriae est imperare orbi universo" (Es ist Österreich bestimmt, die Welt zu beherrschen) kommt infrage. Mehr als 300 lateinische und deutschsprachige Interpretationen sind bekannt.

Dem deutschen Historiker Konstantin Moritz Langmaier zufolge wäre das Rätsel nun gelöst. Am Mittwoch hat er seine Erkenntnisse in Graz vorgestellt.

"Geliebt von den Erwählten"

Als Lösung des historischen Rätsels greift Langmaier nun auf eine der ältesten, allerdings wenig bekannten überlieferten Varianten zurück, teilte die Kommunikation Steiermark am Donnerstag mit. "A.E.I.O.U." steht demnach für "Amor Electis Iniustis Ordinor Ultor".

Die Wortfolge, die zu Deutsch in etwa "Geliebt von den Erwählten, gefürchtet von den Ungerechten" lautet, sei in zeitgenössischen Schriftstücken von und über Friedrich III. zu finden und in einen längeren lateinischen Satz eingebettet: "En, amor electis, iniustis ordinor ultor; Sic Fridericus ego mea iura rego" (Seht, ich bin geliebt von den Erwählten, ich bin gefürchtet von den Ungerechten, also regiere ich, Friedrich, rechtmäßig).

Der aus der steirischen Habsburger-Linie stammende Friedrich III. und steirische Herzog Friedrich verwendete diesen Satz demnach bereits in jungen Jahren zur Herrschaftslegitimation. Mit seinem – durch unerwartete Todesfälle in anderen Familienzweigen der Habsburger begünstigten – Aufstieg habe das Kürzel weit über sein anfängliches Herrschaftsgebiet hinaus Verbreitung gefunden.

Eine von Friedrichs Relieftafeln in Graz.
Foto: Land Steiermark/Robert Binder

Alfons Lhotsky, österreichischer Mittelalterforscher im 20. Jahrhundert, hat in seinen Arbeiten zum "A.E.I.O.U." bereits vor mehr als 50 Jahren dieses sogenannte "En-amor-Distichon" als eine Erfindung des mährischen Notars Nikolaus Petschacher – eines vermeintlichen Rates von Kaiser Friedrich III. – qualifiziert. "Langmaier weist nun durch seine Forschungen schlüssig nach, dass es sich bei Lhotskys Erkenntnis um einen Forschungsirrtum handelte", betonte Gernot Peter Obersteiner, Landesarchivdirektor und Obmann des Historischen Vereines für Steiermark am Donnerstag, nachdem er den Studienautor am Mittwoch in Graz zu einem Vortrag geladen hatte.

Sowohl auf der Fassade der Grazer Burg (links) als auch auf dem Dom (im Hintergrund) findet sich Friedrichs Motto mehrmals.
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Keine völlig unbekannte Interpretation

Damit und durch den Nachweis, dass die En-amor-Wortfolge bereits ab 1437 in Handschriften von Herzog Friedrich selbst genutzt wurde, habe der Historiker eine überzeugende These vorgelegt: "Langmaier schlägt keine neue, bisher völlig unbekannte Interpretation vor, sondern weist stringent nach, dass das En-amor-Distichon lange Zeit zwar als zeitgenössisch wahrgenommen, aber zu Unrecht als externe Zuschreibung fehlinterpretiert wurde", unterstrich Obersteiner. Untermauert werde die Arbeit durch eine Quelle aus Brandenburg, die in der A.E.I.O.U.-Forschung bisher keine Beachtung fand: Der "Zinnaer Marienpsalter", der älteste Druck Brandenburgs aus dem ehemaligen Zisterzienserkloster Zinna im heutigen Landkreis Teltow-Fläming.

Das A.E.I.O.U. auf dem Grazer Dom.
Foto: Land Steiermark/Robert Binder

Der spätere Kaiser Friedrich III. wurde 1424 noch als Kind Herzog der Steiermark, Kärntens und Krains. Dass er zum römisch-deutschen König mit der längsten Regierungszeit (1440–1493) und zum letzten in Rom gekrönten Kaiser des Heiligen Römischen Reiches werden würde, war nicht abzusehen. Er galt eigentlich als nicht besonders durchsetzungsstark, und es gibt die wenig schmeichelhafte Theorie, dass er die meisten seiner Gegner einfach überlebt habe. Die Buchstabenfolge A.E.I.O.U. verwendete er bereits als steirischer Herzog. "Für die Steiermark ist die Entschlüsselung des A.E.I.O.U., das zu unserem reichhaltigen historischen Erbe gehört, von enormer Bedeutung", sagte deshalb auch Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP). Er kündigt an, die Erkenntnisse bei der gerade laufenden Revitalisierung der Burg, die heute sein Regierungssitz ist, zu berücksichtigen. (APA, rkl, 30.3.2023)