Viele Gegnerinnen und Gegner halten Trump für schuldig. Nun gibt es eine Anklage – es ist zu hoffen, dass diese juristisch sitzt.

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Der Mann hat das Recht unzählige Male wie ein Mafiaboss gebeugt, er hat das Präsidentenamt für seine wirtschaftlichen Interessen missbraucht, eine freie Wahl zu fälschen versucht und schließlich einen gewalttätigen Putschversuch mit mehreren Todesopfern angezettelt. Eigentlich müsste Donald Trump längst hinter Gittern sitzen. Doch seine unfassbare Ruchlosigkeit und eine große, sektenhaft loyale Anhängerschaft in den USA haben ihn bislang vor einer Strafverfolgung geschützt.

Insofern ist die nun erhobene Anklage des Ex-Präsidenten durch die New Yorker Grand Jury ein ebenso historischer wie überfälliger Schritt. Dass sie nicht wegen Trumps permanenter Sabotage der amerikanischen Demokratie erfolgt, sondern weil der Geschäftsmann vor sechs Jahren die Schweigegeldzahlung an eine Pornodarstellerin falsch verbucht hat, illustriert auf drastische Weise, wie schwer es ist, dem zynischen Polit-Hasardeur mit rechtlichen Mitteln das Handwerk zu legen. Paradoxerweise könnte das Strafverfahren Trump kurzfristig sogar nutzen: Es mobilisiert seine Anhänger und zwingt die innerparteilichen Konkurrenten um die Präsidentschaftskandidatur, sich mit dem angeblichen Opfer einer finsteren Intrige zu solidarisieren.

Man kann deswegen nur hoffen, dass Staatsanwalt Alvin Bragg im Stormy-Daniels-Fall wasserdichtes Belastungsmaterial gesammelt hat. Ein juristischer Rohrkrepierer vor Gericht wäre katastrophal. Genauso wichtig aber ist, dass bald die wesentlich ernsteren Anklagen wegen der massiven Drangsalierung des obersten Wahlaufsehers in Georgia und des gezielten Beiseiteschaffens hunderter geheimer Regierungsunterlagen folgen. Er könne einen Menschen auf der belebten Fifth Avenue mitten in New York erschießen, ohne dafür belangt zu werden, hat sich Trump schon vor Jahren gebrüstet. Es ist allerhöchste Zeit, dass dieser unheimliche Mythos eindrucksvoll widerlegt wird. (Karl Doemens, 31.3.2023)