Lange hat Finnland auf diese Entscheidung gewartet, jetzt ist es so weit: Das türkische Parlament hat in der Nacht auf Freitag als letztes Nato-Mitgliedsland dem Antrag Finnlands zugestimmt, Mitglied der Nato zu werden. Wenn nun die letzten Formalien schnell erledigt werden, kann die Aufnahme des Landes bereits bei einem Nato-Treffen in der kommenden Woche vollzogen werden.

Müde Gesichter in Ankara – doch nun ist Finnlands Nato-Beitritt besiegelt.
Foto: Adem ALTAN / AFP

Schweden, das eigentlich zeitgleich mit Finnland dem Militärbündnis beitreten wollte, wird dagegen noch länger warten müssen. Sowohl der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan als auch Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán halten die Schweden hin und fordern weitere Zugeständnisse.

Die finnischen Parteien sind sich im Vorfeld der Parlamentswahl hinsichtlich des Nato-Beitritts einig
DER STANDARD

Statt wie angekündigt bis Donnerstagmittag zog sich die Entscheidung des türkischen Parlaments über Finnland bis in die Nacht hinein. Erst kurz vor Mitternacht stimmten die noch anwesenden Abgeordneten sowohl der Regierungsparteien wie der Opposition geschlossen für die finnische Mitgliedschaft. Die Oppositionsparteien sind schon länger für den Beitritt. Ein Vertreter der kurdisch-linken HDP, Hişyar Özsoy, sagte, seine Partei sei auch für einen schnellen Beitritt Schwedens. "Das Gezerre um die Auslieferung regierungskritischer Journalisten, Schriftsteller und anderer Flüchtlinge aus Schweden ist hässlich, falsch und ungesetzlich."

Erdoğan bekräftigte dagegen erneut, dass er von Schweden zuerst die Auslieferung angeblicher "Terroristen" erwartet, die nach Schweden geflüchtet sind. Doch zunächst einmal herrscht Erleichterung bei der Nato und in Helsinki, dass es jetzt einmal mit Finnland geklappt hat. Die Türkei muss nun offiziell das Ratifizierungsprotokoll in Washington, wo die Nato ihre Dokumente aufbewahrt, hinterlegen, dann kann Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg Finnland offiziell einladen, 31. Mitglied des Militärbündnisses zu werden.

Unklarheit im Fall Schweden

Beim Nato-Außenministertreffen in Brüssel am Dienstag soll dann vor dem Hauptquartier feierlich die Fahne Finnlands gehisst werden. Ob es für Schweden bis zum kommenden Nato-Gipfel im Juli ebenfalls klappt, ist dagegen völlig unklar. Offiziell verweist die türkische Regierung darauf, dass man zunächst sehen will, ob Schweden wie versprochen im Juni ein neues Antiterrorgesetz verabschiedet, das sich, wie von Erdoğan gefordert, auch gegen die kurdische PKK und die kurdisch-syrische YPG-Miliz richtet.

Tatsächlich pokert Erdoğan nach wie vor mit den USA um die Lieferung neuer Kampfflugzeuge. Während der US-Kongress darauf beharrt, dass die Türkei zunächst auch Schwedens Nato-Beitritt ratifiziert, bevor man über die F-16 spricht, sieht man es in Ankara genau andersherum. Wenn die USA einem Verkauf zugestimmt haben, will man auch Schweden grünes Licht geben.

Ungarn, das in Absprache mit der Türkei Schweden ebenfalls noch hinhält, hat dagegen noch andere Interessen, die im Zusammenhang mit einer Zustimmung zu Schwedens Nato-Beitritt erfüllt werden sollen. Schweden hat derzeit den Vorsitz in der EU und gehört aus Sicht von Viktor Orbán zu den Ländern, die dafür gesorgt haben, dass im Rahmen des Rechtsstaatsverfahrens EU-Gelder für Ungarn auf Eis gelegt wurden. Orbán will das Geld, bevor er seine Zustimmung zu Schwedens Nato-Beitritt gibt.

Sowohl die Türkei wie auch Ungarn sind aber im Nato-Bündnis die Länder, die nach wie vor einen guten Kontakt zu Russland und dessen Präsident Wladimir Putin aufrechterhalten. Dass beide die Skandinavier hinhalten, dürfte deshalb kein Zufall sein, mutmaßt man in Brüssel. (Jürgen Gottschlich aus Istanbul, 31.3.2023)