Südfrankreich ist weltberühmt für seine steinzeitlichen Bildnisse, die sich meist in Grotten wie der Chauvet-Höhle finden. Doch nun haben Archäologinnen und Archäologen bei Ausgrabungen in dem Dorf Bellegarde in Südfrankreich Steintafeln mit eingravierten Darstellungen von Pferden und anderen Motiven entdeckt. Der Ort sei offenbar bereits etwa 20.000 Jahre vor Christus besiedelt gewesen, erklärten Fachleute des französischen Archäologie-Instituts Inrap am Donnerstag.

Das nationale Institut für präventive archäologische Forschung Inrap teilt Bilder der neuen Funde.

Die gefundenen Abbildungen von Pferden seien "besonders selten in Südostfrankreich – und völlig unerwartet vor den Toren der Camargue", sagte der Leiter des Ausgrabungsprojekts, Vincent Mourre. Die Gravuren gehören demnach "zu den ältesten bekannten Werken" dieser Kultur der Altsteinzeit. Nach den Erkenntnissen der Fachleute entstanden sie im gleichen Zeitraum wie die berühmten Steinzeitmalereien in der zum Unesco-Weltkulturerbe zählenden Höhle von Lascaux im Westen Frankreichs.

Siedlung bei Mülldeponie

Das Team war erstmals im Jahr 2015 in die Weinbauregion Costières de Nîmes in Südfrankreich gerufen worden – auf dem Gelände einer entstehenden Mülldeponie stieß man schließlich auf eine urzeitliche Jägersiedlung. Der etwas höher gelegene Ort Bellegarde eignete sich den Angaben zufolge vermutlich aufgrund einer nahegelegenen Wasserquelle als Zwischenstopp von Nomadenvölkern. Zudem bot er demnach wohl einen guten Blick auf die wilden Pferdeherden, die durch die tiefer gelegene weite Ebene der Camargue zogen.

Pferdedarstellungen aus der Jungsteinzeit sind selten in Südostfrankreich.
Foto: Denis Gliksman, Inrap

Während der darauffolgenden elfmonatigen Ausgrabungen förderten die Archäologinnen und Archäologen rund 100.000 Gegenstände aus geschliffenem Feuerstein wie Waffen und Werkzeuge zutage sowie Tierknochen und Muscheln, die vermutlich als Schmuck dienten. Einige der Funde sind mehr als 22.000 Jahre alt.

Als besonders bewegend beschrieben die Forschenden den Moment, als sie beim Säubern der gesammelten Objekte zwei kleine Kalksteintafeln mit eingravierten Pferdeprofilen in den Händen hielten – und darin deutlich Augen, Mähne und das Maul zu erkennen gewesen seien.

Das Klima dürfte damals kälter gewesen sein. Das schließen die Forschenden aus gefundenen Rentierknochen. Auch Funde von Holzkohle deuten darauf hin. Neben den Steintafeln wurden auch zahlreiche Muscheln gefunden, die durchbohrt waren und vermutlich als Schmuck getragen wurden. Die Funde stammen aus fünf Siedlungsphasen, die sich über 6.000 Jahre erstreckten. (APA, red, 31.3.2023)