Sind die Stiefel wirklich von Prada? Woher ist die irre Brille? Und was hat der grüne Lodenmantel von The Row wohl gekostet? Eine gute Woche stand die Schauspielerin und Lifestyle-Unternehmerin Gwyneth Paltrow wegen einer Ski-Kollision im Jahr 2016 vor Gericht. Der Kläger? Ein pensionierter Optiker. Die Schauspielerin reichte eine Gegenklage ein und forderte einen US-Dollar. Mindestens so faszinierend wie der Prozessverlauf allerdings schien das Drumherum. Reiche Menschen, bizarre Dramen, Luxusmode! Der Prozess komme nah heran an eine Staffel "White Lotus", hieß es hier und da. Und so wurde bis zu seinem Ende im Internet jedes noch so nebensächliche Detail lustvoll seziert: Was trägt Gwyneth Paltrow, und was trinkt sie?
Ganz neu ist das alles nicht. Genau genommen ist die "Courtroom Fashion" von Stars ein eigenes Genre mit Geschichte: Als Winona Ryder um die Jahrtausendwende des Ladendiebstahls angeklagt wurde, bewies die Schauspielerin Humor und lief in Kleidern von Marc Jacobs auf – sie war beim Entwenden von Kleidern ebenjenes Designers ertappt worden. Die Medien diskutierten die modischen Auftritte der Schauspielerin schon damals rauf und runter. Paris Hilton wiederum erschien 2007 nach einem Verkehrsdelikt in Blazer und weißer Bluse und wurde trotzdem nicht für voll genommen. Amber Heard setzte auf Anzüge, ihr wurde daraufhin unterstellt, sie ahme die Auftritte Johnny Depps nach. Die Hochstaplerin Anna Solokin wiederum nutzte die Bühne, sie engagierte für ihre Auftritte vor einem New Yorker Gericht eine eigene Stylistin. Bis heute sind es nach wie vor die Gerichtsauftritte von Frauen, die in der Öffentlichkeit verhandelt werden.
Unaufgeregte, teure Mode
Die besondere Faszination des Falles Gwyneth Paltrow: Die Geschäftsfrau weiß sich zu inszenieren. Nichts anderes macht die US-Schauspielerin auf der Plattform Instagram, wo sie sich und die Produkte ihrer Wellnessmarke Goop vermarktet. So erschien Paltrow täglich in einem neuen Look vor Gericht. Die Auftritte? Auf den ersten Blick unaufgeregt, auf den zweiten: richtig teuer. Beim dritten Mal Hinsehen sollte allen klar gewesen sein: Hier wurde nichts dem Zufall überlassen.
Mal erschien die Schauspielerin in einem knöchellangen Kleid und schweren Stiefeln von Prada, dann in einem Lodenmantel des Luxusmodelabels The Row und einem Strickpullover von Loro Piana. Ganz selbstverständlich dazwischengestreut wurde immer wieder Kleidung des eigenen Labels G. Label by goop. Die Auftritte bis zur Wasserflasche und dem Smythson Journal in Yves-Klein-Blau durchdacht. Große Logos? Fehlanzeige. Gwyneth Paltrow verkörperte vor Gericht jenen beiläufigen, stillen Luxus einer anspruchsvollen Konsumelite, die samstags im Tesla zum nächsten Farmers' Market kutschiert und sich im Privatjet in einen Sweater des nachhaltigen Luxuslabels Gabriela Hearst kuschelt. "Rich Mom Energy", urteilte die "Daily Mail". Das dürfte Paltrow kaltlassen. Sie hat den Prozess gewonnen.