Papst Franziskus bei einer Audienz für die Bischöfe Kolumbiens. Franziskus stammt selbst aus Südamerika.
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Bei einem Besuch im kanadischen Alberta 2022 bat Papst Franziskus die Ureinwohner des Landes um Vergebung für "das Böse, das so viele Christen indigenen Menschen angetan haben". Dabei ging es vor allem um Internate, die zur "Umerziehung" von Kindern eingesetzt worden waren. Rund 150.000 Kinder Indigener waren von ihren Familien und ihrer Kultur getrennt worden und wurden teils Opfer von Vernachlässigung und Missbrauch. Nichts davon sei christlich gewesen, sagte das Kirchenoberhaupt.

Doch Indigene wandten sich bei dem Besuch mit einer Forderung an die Kirche. Sie drängten, die "Entdeckungsdoktrin" aufzugeben. Die Idee, dass Amerika "entdeckt" worden sei, diente später als Rechtfertigung für die Aufteilung des Kontinents durch die Kolonialmächte England, Frankreich, Spanien und Portugal.

Nicht Teil der Lehre

Die katholische Kirche rückt nun von dieser historischen Idee ab. In einer gemeinsamen Erklärung der Vatikanbehörde für Erziehung und Kultur sowie der vatikanischen Entwicklungsbehörde heißt es laut Kathpress: "Die 'Entdeckungsdoktrin' ist nicht Teil der Lehre der katholischen Kirche." Die entsprechenden päpstlichen Schreiben aus dem 15. Jahrhundert seien nie als Ausdruck des katholischen Glaubens" angesehen worden und nicht als Teil der kirchlichen Lehre formuliert gewesen.

Die katholische Kirche erkennt damit an, dass diese sogenannten Bullen nicht angemessen die Rechte und die Würde der indigenen Völker wiedergegeben haben. Zugleich betont die Erklärung, dass mehrere Päpste, Bischöfe und Ordensleute schon damals für die Rechte der indigenen Bevölkerung eingetreten seien. Dies sei auch heute die Position der Kirche.

Papst Franziskus begrüßt Indigene bei einem Besuch im kanadischen Alberta.
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Die gemeinsame Erklärung wurde am Donnerstag vom vatikanischen Presseamt veröffentlicht. Die katholischen Bischofskonferenzen Kanadas und der USA begrüßten die Erklärung in schriftlichen Stellungnahmen und kündigten weitere wissenschaftliche Studien zu dem Thema an.

Einfluss auf die Rechtsprechung

Die Entdeckungsdoktrin entfaltete ihre Wirkung vor allem in der Rechtsprechung des 19. Jahrhunderts. Die Entdeckung von Land gewährte Siedlern demnach das Recht, es sich anzueignen. Davon distanziert sich die Kirche nun. Die "ebenbürtige Würde und die Rechte der indigenen Völker" seien nicht angemessen reflektiert worden. Der Leiter der vatikanischen Behörde für Kultur und Bildung, José Tolentino de Mendonça, spricht von einer "Architektur der Versöhnung" und bezeichnet sie als Prozess, der zu weiterem Dialog führen soll. (rkl, APA, 31.3.2023)