Die Villa Mautner-Jäger an der Landstraßer Hauptstraße im dritten Wiener Gemeindebezirk wirkt wie ein verwunschenes Schloss: Die abgesplitterte Fassade ist überwuchert, Teile des Daches mit einer Plane abgedeckt, die Fenster staubig.

Das Palais Mautner-Jäger wurde vor 120 Jahren erbaut.
Foto: Zoidl

Dabei war das Palais einst ein Luxusanwesen. Erbaut wurde die Villa Mautner-Jäger Anfang des 20. Jahrhunderts als Familiensitz der Familie von Hertha Jäger, einem Spross der Industriellenfamilie Mautner-Markhof. Später wurde das prächtige Anwesen wohl unter einer Erbengemeinschaft aufgeteilt. Schließlich gelangte die Villa in den Besitz eines Wiener Immobilienunternehmers.

Während im Grundbuch rege Geschäftigkeit herrschte, verfiel die seit 1991 denkmalgeschützte Villa zusehends. In den letzten Jahren machte die Villa hauptsächlich mit ihrem zunehmenden Verfall Schlagzeilen, den die Baupolizei mit Aufträgen zur Sanierung der Fassade zu bekämpfen versuchte.

Erneuter Verkauf

Im Herbst des Vorjahres wechselte die Villa Mautner-Jäger dann aber ein weiteres Mal den Besitzer. Sie ging um 8,55 Millionen Euro an die RSREO Gmbh, ein Wiener Immobilienunternehmen, das laut eigenen Angaben "hochwertige, einzigartige und luxuriöse Designerimmobilien" anbietet und weiterentwickelt.

Und nun dürfte sich tatsächlich etwas tun: Vor wenigen Tagen wurden die Pläne für das Anwesen im ehemaligen Speisesaal der Villa mit verblichener grüner Tapete und mit Blick auf den verwucherten Garten vorgestellt. Das Haus soll nach einer umfangreichen Sanierung wieder zur "exklusiven Villa" werden, eine Teilung in mehrere Wohneinheiten ist nicht geplant.

So soll die Villa nach der Fertigstellung aussehen.
Visualisierung: ZOOM VP/RSREO

Die Planung liegt bei den Architekten Erik Testor (Testor und Partner) und Nilufar Royce (Royce Architects), die von ihrer Vision für die historische Substanz erzählten: Die Raumaufteilung soll weitgehend erhalten bleiben, die repräsentativen Räume auf der Gartenseite – sie sind deutlich heller und höher als die straßenseitigen Räume – sollen aber teilweise geöffnet und miteinander verbunden werden.

Zusätzliche Bäder

Außerdem werden im Obergeschoß Bäder eingebaut und im Dachboden Wohnräume geschaffen. Geplant ist außerdem ein "dezenter" Stahl-Glas-Aufzug im von der Straße abgewandten Bereich, um das Haus barrierefrei zu machen.

"Die Hausherrin legte schon vor 120 Jahren Wert auf moderne Haustechnik", berichtete Architektin Royce. So verfügte das Haus von Anfang an über Gasleuchten. Nun soll die Haustechnik auf die Höhe der heutigen Zeit gebracht werden, ein manueller Speiseaufzug der Firma Freissler soll repariert, der Victorin-Küchenherd mit alternativer Gasbefeuerung, in dessen Ofenloch übrigens nun eine Zeitung aus dem Jahr 1932 gefunden wurde, erhalten und modernisiert werden. Und auch eine historische Kegelbahn soll, geht es nach den Plänen der Architekten, wieder in Betrieb gehen, der Park hinter dem Haus mit Landschaftsarchitekten neu konzipiert werden.

Beim Interior-Konzept will man sich am Jugendstil orientieren, man arbeite mit Vorhandenem beziehungsweise recherchiere zur historischen Gestaltung. Was man heute schon weiß: "Die Farben in den repräsentativen Räumen waren sehr kräftig", sagt Architektin Royce. Und auch bei der Fassade und dem Dach will man zurück an den Ursprung: Die Fassade wird hellgrau sein, metallische Teile in einem Grünton erstrahlen, die Dachform erhalten bleiben.

Auch der parkähnliche Garten wird neu gestaltet.
Visualisierung: ZOOM VP/RSREO

Bauzeit: ein Jahr

Überraschungen würden beim Arbeiten mit alter Substanz an der Tagesordnung stehen, sagte Architekt Testor: "Wir lernen täglich." So wurde die Anlage 1902 innerhalb nur eines Jahres aus dem Boden gestampft – eine Rekordbauzeit, über die man heute nur ungläubig den Kopf schütteln kann.

Für die Denkmalpflege sei die Situation nun ein Glücksfall, sagte Manuela Legen-Preissl vom Bundesdenkmalamt. Restauratorische Untersuchungen seien mittlerweile abgeschlossen, davon zeugen kleine Öffnungen in der Tapete, die zur Bestandserhebung gemacht wurden. "Überraschend ist, dass vieles von der Originalbausubstanz noch vorhanden ist", sagte Legen-Preissl beim Pressegespräch. Die Bedeutung der Villa sei daher noch größer als gedacht. Die Planung erfolgt nun in Abstimmung mit dem Denkmalschutz.

Bis die Villa Mautner-Jäger so aussieht wie auf den Visualisierungen, wird es freilich noch dauern. Man arbeite bereits intensiv auf die Einreichung hin, sagte Architekt Testor.

Temporäre Nutzung

Bis die Arbeiten beginnen, wird die Villa von Node Contemporary ein Jahr lang temporär bespielt. "Hier gab es einmal eine richtige Salonkultur", berichtete Geschäftsführerin Ema Kaiser, die Bauherrin Hertha Jäger war immerhin mit dem Secessionskünstler Koloman Moser und dem Maler Josef Engelhart verschwägert und außerdem in der Frauenbewegung aktiv.

Geplant sind nun Ausstellungen mit zeitgenössischer Kunst, aber auch Lesungen und Performances und Konzerte, auch Führungen für Schulklassen seien möglich. Die ersten Stücke sind in der Villa bereits ausgestellt: Im ehemaligen Salon steht eine vergoldete Leberkäsesemmel von Martin Grandits. Ab Mai gibt es die erste Ausstellung. Auch am Tag des Denkmals im September wird die Villa wohl einer breiten Öffentlichkeit zugänglich sein.

So wird demnächst also wieder ordentlich Leben einkehren in den alten Gemäuern – bis die Villa dann wieder zum Luxuswohnhaus wird. (Franziska Zoidl, 5.4.2023)