ChatGPT greift zum Teil auf unzuverlässige Informationen zurück. Für Juristinnen und Juristen ist das Tool deshalb derzeit nur eingeschränkt einsetzbar.

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Ein österreichisches IT-Unternehmen verspricht sich von einer Neuentwicklung nicht weniger als einen "Paradigmenwechsel" in der Art und Weise, wie Juristinnen und Juristen recherchieren. Die Firma Onlim kooperiert mit Microsoft und will die Technik hinter ChatGPT mit etablierten Rechtsdatenbanken verknüpfen. Juristen müssten dann nicht mehr nach Schlagworten suchen, sondern könnten konkrete Fragen stellen. Das Tool würde – im Gegensatz zu ChatGPT – nicht auf öffentlich zugängliche Daten im Internet zugreifen, sondern auf einen Pool an gesicherten Informationen.

Onlim, ein Spin-off der Universität Innsbruck, hat sich auf "Conversational AI" spezialisiert. Verkauft werden Chatbots und Sprachassistenten, die Unternehmen etwa zur Kundenberatung auf Websites einsetzen können. "Es ist zunächst wichtig, Datenbanken mit Fakten aufzubauen. ChatGPT ermöglicht es uns jetzt, diese Daten in schöne Texte umzuwandeln", sagt CEO Alexander Wahler. "Das ist ein Paradigmenwechsel, wie wir Informationen konsumieren, schnellere Entscheidungen treffen und Recherchen vereinfachen."

Sichere Informationen

Einige Anwältinnen und Anwälte greifen schon jetzt auf ChatGPT zurück. Allerdings gibt es dabei zwei Probleme: Wer die KI mit Daten von Mandantinnen und Mandanten oder mit internen Dokumenten füttert, kann Probleme mit Datenschutz und Verschwiegenheitspflicht bekommen, weil das Tool mit den eingespeisten Daten laufend weitertrainiert. Gleichzeitig sind die Informationen, auf die ChatGPT zurückgreift, oft nicht zuverlässig.

Onlim will deshalb den verifizierten Content von etablierten Rechtsdatenbanken "intelligent" machen. So könne man beide Welten miteinander verknüpfen – das Faktenwissen auf der einen Seite und die Sprachmodelle von generativer KI auf der anderen Seite. Denkbar wäre es auch, zusätzlich öffentlich zugängliche Daten in die Antworten der KI zu integrieren und explizit als solche auszuweisen.

Rechtsfragen, (noch) keine Fälle

Ganze Sachverhaltsdarstellungen kann die KI derzeit noch nicht lösen, man werde aber in Zukunft dorthin kommen, sagt Wahler. Auch auf Rechtsfragen gibt es in der Juristerei freilich oft keine eindeutigen Antworten. Und der Job von Anwältinnen und Anwälten ist es, jene Argumentationslinie zu übernehmen, die für ihre Mandanten am sinnvollsten ist. Das Tool soll deshalb auch auf abweichende Rechtsmeinungen hinweisen können. "Wir können die Arbeit von Juristen sicher nicht komplett übernehmen", sagt Wahler. Microsoft vergleiche sein Tool mit der Situation in einem Cockpit: Die KI sei nicht der Autopilot, sondern der Copilot. "Den Start und die Landung muss man selbst machen." (japf, 5.4.2023)