Diese Woche konnten Sie in Medienberichten mitverfolgen, wie die österreichische Polizei bei gewaltfreien Protesten mit Demonstrierenden umgeht. Junge Leute aus der Klimaschutzbewegung wurden bei einer Kundgebung gegen eine Konferenz der Gasindustrie und ihrer Lobbyisten in Wien eingekesselt und dann von Einsatzbeamten mit Pfefferspray besprüht.

Die Polizeibehörden haben demokratische Grundrechte wie das Versammlungsrecht zu schützen und nicht zu missachten.
Foto: APA/ALEX HALADA

Ist ein solches Vorgehen im Umgang mit Menschen, die zivilen Ungehorsam praktizieren, verhältnismäßig? Bei aller Wertschätzung für die oft schwierige Arbeit der Sicherheitskräfte: Wir müssen die Beziehung zwischen der Staatsgewalt und uns Bürgerinnen und Bürgern immer wieder kritisch hinterfragen. Die Polizeibehörden haben demokratische Grundrechte wie das Versammlungsrecht zu schützen und nicht zu missachten.

Neues Gesetz

Dabei gibt es in diesem Zusammenhang auch gute Nachrichten: Gerade ist ein neues Gesetz im Parlament in Begutachtung gegangen, mit dem die Bundesregierung eine Ermittlungs- und Beschwerdestelle gründen will. Sie soll im Fall von Misshandlungsvorwürfen gegen die Polizei tätig werden. Die Stelle wird im Bundesamt zur Korruptionsbekämpfung im Innenministerium angesiedelt und mit den nötigen Personalressourcen ausgestattet, darunter auch Sozialarbeiterinnen und Psychologinnen. Ein unabhängiger Beirat soll sicherstellen, dass sie ihrem Auftrag auch nachkommt, das heißt: gewährleistet, dass Vorwürfe gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte konsequent verfolgt und aufgeklärt werden.

Polizeigewalt, Menschenrechtsverletzungen und Misshandlungen kommen am häufigsten bei Amtshandlungen mit psychisch kranken und suchtkranken Menschen vor, wie zum Beispiel bei "Zwangseinweisungen". Ob eine Meldestelle ausreicht, um hier Verbesserungen zu bringen, wage ich zu bezweifeln. Womöglich braucht es mehr Schulungen im Umgang mit psychisch labilen Menschen im Rahmen der Ausbildung.

Demokratische Institution

Dass die neue Organisationseinheit im BMI integriert ist, missfällt einigen Kritikern, sie sehen das Gesetz als Augenauswischerei und PR-Aktion. Sollten wir nicht dem Innenministerium nicht die Chance geben, zu beweisen, dass es ernsthaft bemüht ist, Missstände zu bekämpfen? Schließlich wurde der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft bei ihrer Gründung im Jahr 2009 auch vorgeworfen, nicht weisungsfrei zu agieren. Heute leistet sie hervorragende Arbeit.

Meldungen von Fehlverhalten durch die Polizei sollen auch anonym sein, um "Whistleblowing" zu erleichtern. In Europa gibt es wenige vergleichbare Einrichtungen, und Österreich würde, so das Gesetz auch wirklich beschlossen wird, eine Vorreiterrolle in diesem Bereich einnehmen.

Aus Polizeikreisen höre ich, dass das Gesetz bei vielen Polizistinnen und Polizisten Unterstützung findet, weil eine unabhängige Aufklärung von Vorwürfen hilft, die schwarzen Schafe – und das ist eine Minderheit – im Apparat konsequenter zu sanktionieren. Damit ließe sich das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizei als demokratische Institution und ihr Image in der Gesellschaft nachhaltiger verbessern als durch teure und mitunter aufklärungsbedürftige Anzeigenkampagnen. (Philippe Narval, 2.4.2023)