Google-Chef Sundar Pichai, menschlich.

Foto: IMAGO/Mateusz Wlodarczyk

Als Google vor knapp zwei Wochen seinen KI-Chatbot Bard einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machte, waren die Reaktionen ziemlich verhalten. Im direkten Vergleich mit ChatGPT oder auch Bing Chat stellte sich schnell heraus, dass die Google-Lösung in der Funktionalität deutlich beschränkter ist. In einem aktuellen Interview betont Google-Chef Sundar Pichai nun, dass dies durchaus beabsichtigt gewesen sei, nun aber zügig große Updates folgen sollen.

Beschränkungen

Bei der Ankündigung von Bard scheine untergegangen zu sein, dass man für die erste Version bewusst eine eher kleines Sprachmodell als Basis gewählt habe, um vorsichtig an das Thema heranzugehen und erste Erfahrungen zu sammeln, gibt Pichai gegenüber dem "Hard Fork"-Podcast der "New York Times" zu Protokoll. Ziel sei es zunächst einmal gewesen, sicherzustellen, dass man die Software vollständig unter Kontrolle habe, bevor man auf mächtigere Sprachmodelle wechsle – von denen Google einige habe.

Genau das soll nun recht flott passieren. So spricht Pichai etwa davon, dass Bard schon bald besser beim Codeschreiben werden soll – einem der Bereiche, wo ChatGPT derzeit stark im Vorteil ist. Fast zeitgleich zu seinem Interview wurde auch bereits ein erstes Update für Bard angekündigt, in dem es zunächst um die Verbesserung der Mathematik- und Logikfähigkeiten der KI geht. Ein Bereich, bei dem sie in der ersten Version noch deutlich zu kämpfen hatte.

Upgrades

Interessant dabei ist, dass man laut der offiziellen Ankündigung dafür auf bei Googles modernstem Sprachmodell – PaLM – gesammelte Erfahrungen zurückgreift. Bisher bildet nämlich noch eine abgespeckte Version des älteren LaMDA die Grundlage von Bard. Fraglich ist, was das für den Ressourcenverbrauch bedeutet, ist doch die Bard-Grundlage bisher erheblich effizienter – und somit auch schneller – als das bei der Konkurrenz genutzte GPT-4.

Es geht rund bei Google

Auch wenn der Google-Chef es nach außen so darstellt, als wäre all das von Anfang an so geplant, so gibt es doch auch Anzeichen, dass es hinter den Kulissen nicht ganz so ruhig zugeht. So berichtete "The Information" vor wenigen Tagen, dass der aktuelle ChatGPT-Hype zuvor Undenkbares zustande gebracht hat. Googles zwei große KI-Abteilungen – das zugekaufte Deepmind sowie Google Brain – arbeiten nach Jahren großer interner Rivalität nun direkt zusammen, um möglichst schnell mit neuen Produkten auf die Konkurrenz reagieren zu können. Das gemeinsame Projekt soll Gemini heißen und ist demnach erst wenige Wochen alt.

Das Ende des Google Assistant?

Immer klarer zeichnet sich auch ab, dass Googles Sprachassistenten – also dem Google Assistant – zumindest in seiner aktuellen Form keine große Zukunft beschert sein dürfte. So baut Google derzeit die entsprechende Abteilung grundlegend um, wie aus einem internen Mail hervorgeht, das CNBC zugespielt wurde. Einzelne Manager verlassen das Unternehmen, andere kümmern sich künftig um die Bard-Entwicklung.

Ganz überraschend kommt aber auch das nicht. So war schon bei der ersten Vorstellung von Bard vor einigen Wochen aufgefallen, dass der zugehörige Blogeintrag von Sissie Hsiao stammte – und damit der bisherigen Google-Assistant-Chefin. Im aktuellen Podcast-Interview erzählt denn auch Pichai, dass schon die erste Entwicklung – ein Urahn der Software wurde schon vor rund zwei Jahren im Rahmen der Google I/O vorgezeigt – rund um den Google Assistant passiert ist. Das dürfte auch kein Zufall sein, hält Pichai doch einen persönlichen digitalen Assistenten für eines der spannendsten Anwendungsszenarien für solch eine künstliche Intelligenz.

Vorsicht

Auch sonst bietet das Interview einige interessante Einblick in die – offenbar bewusst vorsichtige – Herangehensweise Pichais an das Thema. So betont er darin immer wieder, dass mit so einer Technologie sehr verantwortungsvoll umgegangen werden müsse. Einen aktuellen Brief von zahlreichen Forschern, die angesichts der derzeit rasanten Entwicklung eine Art sechsmonatiges Entwicklungsmoratorium für KI fordern, sieht er zumindest als interessanten Debattenbeitrag – auch wenn er Zweifel daran hegt, wie so etwas in der Praxis umgesetzt werden sollte.

Generell gebe es durchaus gute Gründe, besorgt zu sein, derzeit habe schlicht niemand die Antworten auf all die offenen Fragen rund um solch mächtige KI-Systeme. Insofern werde es viele Diskussionen brauchen – gerade in Hinblick auf Themen wie Privatsphäre oder Desinformation. Entsprechend spricht sich der Google-Chef auch – erneut – für eine staatliche Regulierung aus, das Thema KI sei einfach zu wichtig, um es nicht zu regulieren. (apo, 3.4.2023)