In der Goethesiedlung parken die Autos der Bewohnerinnen und Bewohner auf 2,7 Hektar Bauland.

Foto: Stefanie Ruep

Wohnen in Salzburg ist teuer und daher nicht von ungefähr ein heißes Wahlkampfthema in Zeiten der Teuerung. Laut einer Studie des Salzburger Instituts für Raumordnung (SIR) machen die Wohnkosten im Schnitt 44 Prozent des Haushaltseinkommens aus. Bei der letzten Landtagswahl 2018 gaben die Menschen noch 36 Prozent des Einkommens aus, 2015 waren es 29 Prozent. Das Problem verschärft sich also.

Der Salzburger KPÖ-Gemeinderat Kay-Michael Dankl hat deshalb in der Gemeinderatssitzung am Mittwoch einen Antrag gestellt, nach Innsbrucker Vorbild den Wohnungsnotstand auszurufen. Dankl, der für die KPÖ auch bei der Landtagswahl am 23. April antritt, will das 40 Jahre alte Bodenbeschaffungsgesetz reaktivieren, das Gemeinden ein Vorkaufsrecht auf große, unbebaute Grundstücke gibt.

Vorkaufsrecht für die Stadt

In Innsbruck hat der Gemeinderat im vergangenen Juli auf Antrag der SPÖ mit Unterstützung der Grünen, Neos, der Liste Fritz und der Alternativen Liste Innsbruck den Wohnungsnotstand ausgerufen. Bisweilen ist jedoch noch nichts in Kraft. Denn mit dem Beschluss ist erst ein Antrag an das Land ergangen, um das Bodenbeschaffungsgesetz anwenden zu können. Erlässt die Landesregierung eine Verordnung, könnte die Stadt etwa Vorkaufsrechte für sämtliche unbebaute, als Bauland gewidmete Grundstücke mit über 2000 Quadratmeter Fläche erhalten. 80 Grundstücke würden dafür infrage kommen.

In Salzburg haben die grüne Bürgerliste und die SPÖ den Antrag unterstützt. Die politische Mehrheit aus ÖVP, FPÖ und Neos war jedoch dagegen. Die Entscheidung, ob der Notstand ausgerufen werde, wurde vorerst vertagt. Aktuell sind in der Stadt Salzburg rund 5000 Menschen beim Magistrat als wohnungssuchend gemeldet.

1557 Menschen in akuter Wohnungsnot

Von akuter Wohnungsnot betroffen sind in Salzburg derzeit 1557 Personen, wie aus der aktuellen Wohnbedarfserhebung hervorgeht. Das heißt, sie sind entweder obdachlos, haben keine Wohnung und kommen bei Einrichtungen, Freunden oder Pensionszimmern unter oder sind von einer unzumutbaren Wohnsituation betroffen. Nach einem Rückgang in Zeiten der Pandemie befindet sich die Zahl der Betroffenen nun wieder auf dem hohen Niveau von 2018. 411 Personen waren obdachlos, mussten die Nächte im Freien oder in einer Notunterkunft verbringen. Finanzielle oder familiäre Probleme sind die häufigsten Gründe, dass Menschen plötzlich ohne Wohnung dastehen.

Hoch ist die Zahl unter Minderjährigen. Bereits im Vorjahr hat das Forum Wohnungslosenhilfe vor der dramatischen Entwicklung gewarnt. Die Zahlen sind seither erneut angestiegen, von 277 auf 371 Kinder und Jugendliche, die von Wohnungsnot betroffen sind. 36 davon sind obdachlos. "Diese Kinder und Jugendlichen haben von Beginn an schlechtere Chancen als andere", sagt Petra Geschwendtner vom Forum Wohnungslosenhilfe. Werde hier nicht gegengelenkt, werde sich die Armut auf Dauer festsetzen. Diesen Kindern müsse daher so bald als möglich ein Weg aus dieser Situation geebnet werden, "um sie nicht weiterhin ihrer Entwicklungs- und Bildungschancen zu berauben", betont Geschwendtner.

Das Forum Wohungslosenhilfe führt seit fast dreißig Jahren diese Wohnbedarfserhebung durch. Dabei wird einen Monat lang von 49 Einrichtungen und 24 Organisationen die Anzahl der Menschen, die akut von Wohnungsnot betroffen sind erhoben. Bei den Ergebnissen handle es sich dementsprechend um eine Mindestzahl an Betroffenen. Es gebe aber eine hohe Dunkelziffer, sagt Peter Linhuber Mitautor der Ergebung und Leiter von Vinzidach Salzburg. Da nur Personen erfasst werden, die mit Einrichtungen in Kontakt stehen.

Land und Stadt uneinig

Die Bodenpolitik in der Stadt Salzburg hat auch die amtierende Wohnbaulanderätin Andrea Klambauer (Neos) aufs Wahlkampfparkett gebracht. Sie präsentierte eine Nachverdichtungsstudie für die größte Siedlung Salzburgs mit 1250 gemeinnützigen Wohnungen. In der Goethesiedlung parken alle Autos oberirdisch auf 2,7 Hektar gewidmetem Bauland. Laut Studie könnten hier 570 Wohnungen gebaut werden.

Das lehnten Vizebürgermeisterin Barbara Unterkofler (ÖVP) und Sozialstadträtin Anja Hagenauer sofort ab. "600 zusätzliche Wohnungen würden das Quartier sowohl städtebaulich als auch sozial völlig überfordern", betonten die Stadtpolitikerinnen. Was Bürgerliste-Klubobfrau Inge Haller ärgert: "Anstatt die Vorschläge aufzugreifen und eine offene Diskussion darüber zu führen, wie leistbarer Wohnraum geschaffen werden kann, lehnt die Stadt sie einfach ab." (Stefanie Ruep, 4.4.2023)