Die kleinen Quaggamuscheln besiedeln nun auch Österreichs Seen und richten dort einigen Schaden an.

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Ein kulinarischer Aspekt vorweg: Nein, essen kann man sie eher nicht. Sie sind zwar nicht giftig, aber in der Regel deutlich zu klein für Spaghetti vongole. Sie sind vielmehr eine Plage, diese sogenannten Quaggamuscheln, die sich in den letzten Jahren weltweit epidemisch und nun auch in den Kärntner Seen ausbreiten.

Wie überall, wo sie sich ansiedeln, verändern sie den Lebensraum der dortigen Tier- und Pflanzenwelt.

Jetzt, wenige Monate vor Beginn der Badesaison, hat das Kärntner Institut für Seenforschung (KIS) jedenfalls eine dringende Warnung verschickt: Die Kärntner See-Gemeinden werden darin gebeten, Informationen über die Quaggamuschel zu verbreiten, um mitzuhelfen, deren weitere Vermehrung einzubremsen. Denn die verläuft rasant: Ein Weibchen kann in einem Jahr bis zu eine Million Eier ins Wasser abgeben. Auf einem Quadratmeter Seeboden leben bis zu 15.000 Muscheln.

"Bereits 2010 wurde die Quaggamuschel, die eigentlich im Schwarzen Meer heimisch ist, in der Donau bei Linz gefunden. 2016 wurde sie im Bodensee entdeckt und im vergangenen Jahr dann erstmals in Kärnten nachgewiesen", sagt Umweltlandesrätin Sara Schaar.

Im Wörthersee und Keutschacher See gebe es mittels eDNA-Methode nun eindeutige Hinweise auf die "Quagga", im Ossiacher See seien bereits Exemplare gefunden worden. Ihren Namen hat sie übrigens vom ausgestorbenen Quagga-Zebra aus Südafrika, das nur wenige Streifen aufwies.

Die Problematik

Warum die Verbreitung der Quaggamuschel so problematisch ist? "Fremde Arten konkurrieren mit heimischen oft um Nahrung, verdrängen sie außerdem aus Brut- und Lebensräumen. Die Quaggamuschel vermehrt sich rasch und kann auch Schäden an Anlagen zur Wasserentnahme wie Wärmepumpen oder Bewässerungsanlagen verursachen, indem sie Rohre und Filter verstopft", sagt Roswitha Fresner vom Seenforschungsinstitut.

In Massen könne ihre Filtrierleistung zu einer Reduktion von Plankton und damit der Fischnährtiere führen. "Badegäste können sich überdies auch an ihren scharfen Kanten verletzen", sagt Fresner.

Die Verbreitung der Muscheln läuft über viele Wege: Über das sogenannte Bilgenwasser – Wasser, das sich im Rumpf des Schiffes in einem Tank sammelt –, über Angel- oder Tauchausrüstungen, Sportboote, aber auch über Stand-Up-Paddling-Boards oder Badeutensilien. Auch Wasservögel können die Mikrobrut weitertragen.

Die "Quagga" kann sich schon bei Wassertemperaturen von fünf Grad und auch bei schlechterer Nährstoffversorgung fast ganzjährig reproduzieren, was ihr massive Vorteile bei der Besiedlung gebietsfremder Lebensräume verschafft. Tiefen von bis zu 251 Metern wie im Bodensee seien dabei kein Hindernis, erklärt der Biologe Markus Möst.

Möst forscht an der Universität Innsbruck an Organismen der Voralpenseen und ist Teil des interdisziplinären Forschungsprojekts Seewandel, das die Resilienz des Ökosystems Bodensee vor dem Hintergrund von Nährstoffrückgang, Klimawandel und invasiven Arten untersucht. Das Projekt wurde 2016 ins Leben gerufen – just als der kleine Störenfried aus der Schwarzmeerregion dort entdeckt wurde. "Es ist spannend. Wir sind mehr oder weniger live dabei", kommentiert Möst.

Die Folgen

Welche Folgen die schnelle Ausbreitung für das Ökosystem Bodensee habe, lasse sich noch nicht abschließend sagen. Möst verweist jedenfalls auf Ergebnisse aus den USA. Im Michigansee, der zwar in etwa hundertmal so groß ist wieder Bodensee, aber in etwa gleich tief und einen ähnlichen Nährstoffgehalt aufweist, dauerte es nur rund 15 Jahre, bis sich die Quaggamuschel im ganzen See, einschließlich der tiefsten Stelle 281 Meter unter der Wasseroberfläche, ausgebreitet hatte.

Nach heutigem Wissensstand sei die wichtigste Maßnahme die Verhinderung der Weiterverbreitung von invasiven Arten, schreiben die am Projekt Seewandel beteiligten Expertinnen und Experten 2021.

Wie kann das auch im Badealltag gelingen? "Ganz einfach", sagt die Kärntner Landesrätin Schaar, "Wassersportgeräte und Badesachen sollten mit heißem Wasser sorgfältig gereinigt und an der Sonne getrocknet werden. Denn die Larven werden unbemerkt vom einen zum anderen Gewässer verschleppt." (Walter Müller, Maria Retter, 4.4.2023)