Für eine gerechtere Verteilung von Vermögen braucht nicht unbedingt jeder eine Yacht. Ein Großteil der Bevölkerung spricht sich aber für eine Steuer auf große Vermögen aus.

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Wien – Das politische System im Land funktioniert nicht. Zumindest sehen das drei Viertel der Österreicherinnen und Österreicher so, wie aus einer aktuellen repräsentativen Sora-Studie hervorgeht. Die Unzufriedenheit mit der politischen Führung habe vor allem wegen der Korruptionsskandale der vergangenen Jahre zugenommen, hieß es bei der Präsentation am Dienstag. Überspitzt gesagt ist dieses Ergebnis das in Zahlen gegossene "Die da oben machen eh, was sie wollen".

In Auftrag gegeben hat die Studie das gewerkschaftsnahe Momentum-Institut, im Zeitraum von Juli bis September wurden dafür 2.000 Personen ab 16 Jahren befragt. Überdies meint der Großteil der Bevölkerung, Einkommen und Vermögen seien hierzulande ungerecht verteilt. Daraus resultiert unter anderem, dass zwei Drittel der Menschen eine Steuer auf große Vermögen und höhere Steuern auf Unternehmensgewinne befürworten. "Die Überzeugung, dass Einkommen und Vermögen ungerecht verteilt sind, teilen Menschen über alle Klassen hinweg. Eine Politik, die dieses Verteilungsproblem ignoriert, untergräbt damit auch die Legitimation unserer Demokratie", sagt der wissenschaftliche Leiter des Momentum-Instituts, Leonhard Dobusch.

Keine genaue Größe

Wie genau eine Vermögenssteuer aussehen sollte bzw. ab wann ein Vermögen als groß gilt, wurde allerdings in der Fragestellung nicht definiert. Es sei um eine Grundsatzhaltung der Menschen gegangen, meint Dobusch. Eine Vermögenssteuer findet bei den Befragten mehr Anklang als eine Erbschaftssteuer. "Das hängt bei weniger Vermögenden mit der Hoffnung zusammen, in der Zukunft eventuell etwas zu erben." Das Momentum-Institut spricht sich jedenfalls klar für eine Einführung von Erbschafts- und Vermögenssteuern und die Erhöhung der Steuern auf Unternehmensgewinne aus.

Anders sieht man das beim unternehmernahen Thinktank Agenda Austria. "Österreich besteuert Vermögen verhältnismäßig gering. Dass in diesem Bereich im Vergleich zu anderen Ländern zu wenig eingenommen wird, liegt nicht an fehlenden Erbschafts- und Vermögenssteuern. Andere Länder haben viel höhere Abgaben auf Immobilien. Wenn, dann müsste man bei Immobilien ansetzen", sagt Agenda-Ökonom Hanno Lorenz. Bei einer Mietquote von etwa 50 Prozent könne es aber leicht sein, dass Vermieter die Steuer auf Mieter abwälzen und es dann die Falschen trifft.

Lange Debatte

Die Diskussion über eine Vermögenssteuer gibt es regelmäßig, während der aktuellen Rekordinflation werden allerdings die zeitlichen Abstände kürzer. Immer wieder geistert ein Freibetrag in Höhe von einer Million Euro Nettovermögen (Vermögen minus Schulden) herum. Rund vier Prozent der österreichischen Haushalte wären davon betroffen, wie aus unterschiedlichen Berechnungen hervorgeht. Für die türkis-grüne Bundesregierung ist eine Vermögenssteuer aber kein Thema. Vermögen wurde hierzulande in der Vergangenheit bereits einmal besteuert, im Jahr 1993 wurde das aber unter dem roten Finanzminister Ferdinand Lacina abgeschafft. Der Steuersatz betrug damals ein Prozent.

Bessere Bezahlung

Neun von zehn Menschen sind in der Befragung außerdem für Lohnerhöhungen in Branchen mit niedriger Bezahlung und für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in besonders anstrengenden Berufen. Im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit halten rund 70 Prozent mehr Geld für Umschulungen für das richtige Mittel. Ebenso sind aber auch 62 Prozent für strengere Bestimmungen für arbeitslose Menschen, damit diese schneller eine Arbeit annehmen müssen. "Der Tenor in der Bevölkerung lautet, wer ernsthaft Arbeit sucht, soll auch unterstützt werden – aber nicht zu viel", sagt Dobusch.

Beim Momentum-Institut spricht man sich überdies für flächendeckende Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr, mehr Unterstützung bei der Arbeitssuche und einen flächendeckenden kollektivvertraglichen Brutto-Mindestlohn von 2.000 Euro pro Monat aus. Außerdem solle die Umsatzsteuer auf Grundnahrungsmittel zumindest für die Dauer der Teuerungskrise gesenkt werden. (Andreas Danzer, 4.4.2023)