Über die Verhaberung zwischen Medien und Politik wurde bei "Pro und Contra" auf Puls 24 diskutiert.

Screenshot: Puls 24

"Es ist schon wieder etwas passiert", eröffnet Moderation Manuela Raidl eine "Pro und Contra"-Diskussionsrunde zur Frage "Wer profitiert von den mächtigen Netzwerken?". Den Anlass liefern wieder einmal Chatprotokolle Thomas Schmids und Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Nach der Mediengruppe Österreich sind nun auch Eva und Christoph Dichand und damit "Heute" und die "Kronen Zeitung" in Sachen "strafrechtlich relevante Inseratenschaltungen" ins Visier geraten.

"Für mich ist wesentlich, es gab das Gegenstück nicht, keine Aufträge an die Redaktion, keine Erfüllung", betont "Heute"-Chefredakteur Christian Nusser gleich zu Beginn. Im Unterschied zu Fellners "Österreich" gebe es eine Trennung von Chefredaktion, Geschäftsführung und Herausgeberschaft. Mit der Inseratensituation sei er aber "nicht glücklich", er sei auch "Staatsbürger, nicht nur Journalist". In den vergangenen elf Jahren sei es ihm bei "Heute" ganz gut gelungen, eine Mauer gegen Begehrlichkeiten aufzubauen.

Während Martin Kreutner, Berater und ehemaliger Leiter der österreichischen Antikorruptionsbehörde, dem "Heute"-Chefredakteur diese Rolle "ad personam" durchaus zugesteht, müsse man aber darüber reden, "ob es gesellschaftlich gewünscht ist, dass Medien in ihrer Rolle als kontrollierendes Organ mit Inseraten gekauft werden können". Verklüngelung und Verhaberung sei in Österreich etwas, "das alle wissen". Der ehemalige ÖVP-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner habe in seinem Buch ganz offen beschreiben, "wie so etwas funktioniert". Für Kreutner ist klar: "Systemisch haben wir definitiv ein Problem."

"Inserat ist wie ein Geldschein"

In einem Geschäftsmodell, das auf politischen Inseraten gebaut ist, sieht auch Florian Skrabal, Chefredakteur der Rechercheplattform "Dossier", ein zentrales Problem: "Ein Inserat ist wie ein Geldschein." Politiker hätten gesehen, dass man sich über Inserate wohlwollende Berichterstattung kaufen kann.

Eva Hieblinger-Schütz, Juristin und Geschäftsführerin des Onlinemagazins "Exxpress", sieht ihrerseits nicht, "wo Eva Dichand massiven Druck gemacht hat auf die Politik". Es sei ein Problem, das Korruptionsthema an einer Person aufzuhängen. Verständnis zeigt Hieblinger-Schütz dafür, wie Eva Dichand im Interesse von Stiftern eine Stellungnahme einzufordern beziehungsweise abzugeben – "vielleicht nicht in der Form, dass man es direkt dem Herrn Schmid schreibt". Dies sei "vielleicht nicht sehr elegant".

Korruptionsexperte Kreutner wiederum findet das Wort "elegant" in diesem Zusammenhang "schon sehr euphemistisch". Es gebe Verfahrensregeln, an die sich jeder zu halten hat, der Griff zum Telefon gehöre nicht dazu. Demokratiepolitisch müssten wir uns "auch die Frage gefallen lassen, warum Politiker und Medientreibende die zwei unbeliebtesten Berufsgruppen" in Umfragen in Österreich seien.

"Da ist etwas entgleist"

Konsens herrscht in der Schlussrunde dahingehend, dass sich einiges ändern muss. "Da ist etwas entgleist", attestiert "Heute"-Chefredakteur Nusser, es sei "ein System des schnellen und leichten Geldes entstanden". Die ganze Branche müsse einbekennen, dass es ein Problem gibt, und "im eigenen Haus schauen, was können wir besser machen".

"Man muss das System komplett neu aufsetzen", befindet "Exxpress"-Geschäftsführerin Hieblinger-Schütz, die im Paid Content die "einzig ehrlichen Verdienstmöglichkeiten" sieht. Außerdem müsse der ORF die "blaue Seite" einstellen, mit der er den Medienmarkt zerstöre. Klare Förderkriterien, darunter die Verpflichtung, dem Presserat beizutreten, fordert "Dossier"-Chefredakteur Skrabal. Korruptionsexperte Kreutner plädiert für Pluralismus und einen Selbstreinigungsprozess der Branche, um dann noch als Teil eines künftigen Koalitionspaktes eine unter Qualitätsanforderungen massiv erhöhte Presseförderung bei heruntergeschraubten Inseraten als Teil eines Koalitionspaktes der nächsten Regierung in den Raum zu stellen.

Nusser meldet hinsichtlich der Kriterien und ihrer Abhängigkeit von der jeweiligen politischen Führung schnell noch seine Bedenken an: "Sagen wir, wir kriegen nächstes Jahr eine türkis-blaue Regierung, dann ist vielleicht das Förderkriterium, dass jeder Liederbücher auflegen muss." Zur weiteren Diskussion bleibt keine Zeit mehr, Moderatorin Raidl leitet ihre Abmoderation mit einem herzhaften "Oh mein Gott, an dieser Stelle muss ich leider unterbrechen" ein. (Karl Gedlicka, 5.4.2023)