Die Anklage gegen den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump – die erste gegen einen früheren Präsidenten der USA – umfasst 34 Punkte. Die Verlesung der Anklage in New York war der erste Schritt in einem Verfahren um Schweigegeld für eine Schauspielerin, dessen Ausgang völlig ungewiss ist. Trump hat bei seiner Anhörung in allen Punkten auf nicht schuldig plädiert.

Frage: Worum geht es bei der Anklage gegen Trump?

Antwort: Ausgangspunkt und einziger Fokus der Anklage ist der Vorwurf einer Schweigegeldzahlung an die Schauspielerin Stephanie Clifford, die als Pornodarstellerin und -produzentin auch als Stormy Daniels bekannt ist. Die Mimin soll eine Zahlung von rund 130.000 Dollar erhalten haben. Sie hatte nach eigenen Angaben im Jahr 2007 eine Affäre mit Trump, mit der Zahlung sollte demnach verhindert werden, dass sie mit Infos über die Beziehung dem Präsidentschaftskandidaten im Wahlkampf 2016 schaden könnte. Die Zahlung wurde über Trumps Anwalt Michael Cohen durchgeführt, der die Summe von der Trump Organization refundiert bekam.

Das Verfahren gegen den früheren US-Präsidenten Donald Trump wegen einer Schweigegeldzahlung an Pornostar Stormy Daniels sorgt weltweit für Schlagzeilen. Ein Überblick über die wichtigsten Beteiligten.

DER STANDARD

Frage: Was ist der konkrete Vorwurf?

Antwort: Diese Ausgaben wurden von der Trump Organization als Anwaltskosten verbucht, mehrere Schecks wurden von Trump persönlich unterzeichnet. Der Oberstaatsanwalt von Manhattan, Alvin Bragg, sieht darin eine Fälschung von geschäftlichen Dokumenten in 34 Fällen, woraus sich die 34 Anklagepunkte ergeben. Clifford und Cohen werden in der Anklageschrift als "Frau 2" und "Anwalt A" bezeichnet.

Die Dokumente seien gefälscht worden, um Verstöße gegen das Wahlrecht zu verschleiern, also weitere Straftaten. Während Schweigegeldzahlungen an sich noch nicht unbedingt strafbar sind, verstoßen verdeckte Zahlungen zur Unterstützung einer Präsidentschaftskampagne gegen das Gesetz zur Wahlkampffinanzierung.

Damit erhöht sich der Strafrahmen von nur einem Jahr für Dokumentenfälschung auf bis zu vier Jahre. Cohen wurde verurteilt, weil er seine Zahlung an Clifford nicht offengelegt hatte. Durch die Erstattung dieser Zahlung an Cohen habe sich Trump selbst an diese kriminelle Handlung gebunden, meint Bragg, die Fälschung von Geschäftsunterlagen werde damit zu einem schwerwiegenderen Vergehen. Die Zahlungen Trumps an Cohen erfolgten ab 2017, als der nunmehr Angeklagte bereits im Weißen Haus residierte.

Donald Trump im Gerichtssaal in New York.
Foto: Reuters/Rosenberg

Frage: Geht es nur um Zahlungen an Stephanie Clifford?

Antwort: Während sich die aktuelle Anklage nur um Vorwürfe in Bezug auf die Zahlung an Clifford dreht, verweist die New Yorker Staatsanwaltschaft auch auf zwei weitere Fälle möglicher Schweigegeldzahlungen. Eine weitere Frau, angeblich das Model Karen McDougal, soll eine Affäre mit Trump gehabt haben und dafür über American Media Incorporated (AMI), den Medienkonzern des Trump-Vertrauten David Pecker, Herausgeber der Boulevardzeitung "National Enquirer", 150.000 Dollar erhalten haben. Weiters sollen über AMI 30.000 Dollar an einen Portier geflossen sein, um Informationen über ein angebliches uneheliches Kind Trumps zu unterdrücken. Pecker soll laut Anklageschrift als Belohnung eine Einladung zur Amtseinführung Trumps erhalten haben.

Frage: Wird Trump auch "Verschwörung" vorgeworfen?

Antwort: "Der Angeklagte hat mit anderen einen Plan inszeniert, um die Präsidentschaftswahl 2016 zu beeinflussen, indem negative Informationen über ihn identifiziert und gekauft wurden, um deren Veröffentlichung zu unterdrücken und die Wahlaussichten des Angeklagten zu fördern", schreibt die Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift. Im Zuge des rechtswidrigen Vorgehens sei gegen Wahlgesetze verstoßen und seien falsche Einträge in den Geschäftsunterlagen verschiedener Unternehmen in New York vorgenommen worden, heißt es. Obwohl der Staatsanwaltschaft zufolge ein "Plan" ausgeheckt wurde, wird Trump in der Anklage aber nicht "Verschwörung" vorgeworfen, was noch weitaus gravierendere Konsequenzen bringen könnte.

Frage: Wird Trump verurteilt werden?

Antwort: Juristen sehen die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft kritisch. Die Verknüpfung der Fälschungsvorwürfe mit dem Vorwurf illegaler Wahlkampffinanzierung steht auf tönernen Füßen. Bragg bezog sich sowohl auf das Bundeswahlrecht, das beim Überschreiten einer Obergrenze für Wahlkampfspenden schlagend wird, als auch auf das Wahlrecht des Bundesstaats New York, das eine Verschwörung verbietet, um "eine Kandidatur durch rechtswidrige Mittel zu fördern". Doch wegen Verstößen gegen das Wahlrecht wurde Trump nicht angeklagt.

Frage: Wie geht es weiter?

Antwort: Trump hat bis 8. August Zeit, mit Rechtsmitteln auf die Anklage zu reagieren. Dann hat wiederum die Staatsanwaltschaft bis 19. September Zeit für die Reaktion auf die Reaktion. Am 4. Dezember will der Richter in dem Verfahren, Juan Merchan, seine Entscheidung über die Anträge verkünden. Der Prozess selbst könnte dann im Jänner starten – kurz vor Beginn der Vorwahlen der Republikaner für die Präsidentschaftswahl im November 2024.

Frage: Welche Verfahren erwarten den Ex-Präsidenten noch?

Antwort: In der Tat ist der Schweigegeldprozess in seinem juristischen Gehalt eher "nachrangig". Schwerwiegender wiegt da schon ein Verfahren wegen versuchter Wahlmanipulation im Bundesstaat Georgia. Trump soll versucht haben, das knapp zu seinen Ungunsten stehende Wahlergebnis durch das "Auffinden von Stimmen" doch noch im Nachhinein umzudrehen. Als Hinweis gilt ein Telefonat des damaligen Präsidenten mit dem Wahlleiter in Georgia, Brad Raffensperger. Zuständig für die Causa ist die afroamerikanische Bezirksstaatsanwältin Fani Willis, die von Trump als "Rassistin" diffamiert wurde.

Der möglicherweise größte Brocken für Trump ist seine Rolle beim versuchten Putsch gegen den US-Kongress in Washington – nur wenige Tage vor seinem offiziellen Amtsende und der Übergabe der Macht an Joe Biden. Am 6. Jänner 2021 stürmten seine Anhänger das US-Kapitol, sie wollten verhindern, dass der Kongress Bidens Sieg offiziell bestätigt. Ob Trump angeklagt wird, hat das US-Justizministerium zu entscheiden. Es wird davon abhängen, ob Trump nachgewiesen werden kann, dass er die Unruhen anzettelte – oder zumindest nicht verhinderte.

Zu einem Prozess könnte auch die Razzia in Trumps Anwesen Mar-a-Lago in Florida führen. Bei einer Durchsuchung am 8. August 2022 beschlagnahmte das FBI 13.000 Regierungsdokumente. Sonderermittler Jack Smith soll untersuchen, ob Trump die Dokumente unzulässigerweise aufbewahrte und versuchte, Ermittlungen zu behindern. Smith wurde von Trump kürzlich als "verrückt" bezeichnet.

Auch in seiner Heimatstadt New York drohen Trump weitere Verfahren: Generalstaatsanwältin Letitia James hat die Trump Organization im September 2022 wegen Betrugs verklagt. Die Zivilklage zielt darauf ab, Trump und seine Kinder Donald Junior, Eric und Ivanka dauerhaft von der Führung von Unternehmen im Staat New York auszuschließen.

Außerdem hat E. Jean Carroll, ehemalige Kolumnistin des Modemagazins "Elle", gleich zwei Klagen gegen Trump eingereicht. Sie wirft ihm Verleumdung vor, weil er bestritten hat, sie Mitte der 1990er-Jahre in einer Umkleidekabine in New York vergewaltigt zu haben. Im ersten Fall ist ein Berufungsgericht in Washington zuständig, die zweite Klage könnte noch im April vor Gericht landen. Trump wird sich also in den nächsten Monaten kaum zur Gänze seinen Comebackplänen im Weißen Haus widmen können. (Michael Vosatka, Gianluca Wallisch, 5.4.2023)