Matilda De Angelis in der Hautrolle der Netflix-Serie "Das Gesetz nach Lidia Poët".

Foto: Netflix

Ja, man kann einfach drauflosstreamen und sich diese im 19. Jahrhundert angesiedelte italienische Krimiserie einfach so reinziehen. Kommt vordergründig ziemlich brav, eigentlich etwas zu brav daher. Ein bisschen Miss Marple (bloß um etliche Jahrzehnte jünger), ein bisschen weiblicher Sherlock. Alles gut – solide Serienunterhaltung.

Doch das wäre zu simpel. In der Netflix-Serie Das Gesetz nach Lidia Poët geht es nicht nur um bekömmliche Krimi- und Gerichtssaalkost: Sie führt uns vor Augen, welch radikalen Wandel die Gesellschaft in den letzten 140 Jahren durch laufen hat. Vor allem für die Frauen.

Da ist die vermeintlich fiktive Protagonistin: Lidia Poët (1855–1949) gab es wirklich. Sie war 1883 die erste Absolventin eines Studiums der Rechtswissenschaften in Italien. Doch ihren Traum beruf, Strafverteidigerin, den durfte sie nicht ausüben. Ihr Antrag auf Zulassung wurde in mehreren gerichtlichen Instanzen abgelehnt, Verweise auf Frauen im Anwaltsberuf, etwa in den USA, wurden abgeschmettert. Basta, finito. Erst nach 37 Jahren, 1920, erhielt die mittlerweile 65-jährige Juristin ihre Zulassung. Bis dahin musste sie ihren Beruf im Schatten von Männern ausüben und durfte nicht selbst vor Gericht verhandeln.

Original-Trailer zu "Das Gesetz nach Lidia Poët".
Netflix

Netflix ist hoch anzurechnen, dass es die absurde gesellschaftliche und berufliche Diskriminierung der Frau in der Person der Anwältin Lidia Poët (Matilda De Angelis) thematisiert. Wer will, schaut einen konventionellen Krimi. Wer genauer schaut, sieht gar nicht so lang verflossene Ungerechtigkeiten, gegen die Poët rebellierte.

Da passt der Soundtrack wie die Faust aufs Männerauge: Misfit der deutsch-amerikanischen Punkrockerin Riival. (Gianluca Wallisch, 6.4.2023)