Macron mit dem Vorsitzenden des Chinesischen Nationalen Volkskongresses, Zhao Leji, am Donnerstag.

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Peking– China kann aus Sicht von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron eine "größere Rolle" auf dem Weg zu einer Friedenslösung im Ukraine-Konflikt spielen. Zum Auftakt seiner Gespräche am Donnerstag mit Chinas Führung stand zunächst ein Treffen mit dem neuen Regierungschef Li Qiang auf dem Programm. Später wollte Macron zu einem Gespräch mit Staats- und Parteichef Xi Jinping sowie einer Dreierrunde mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zusammentreffen.

Der Ukraine-Konflikt und die angeschlagenen Beziehungen zwischen China und der EU stehen im Mittelpunkt. In der Diskussion über den Ukraine-Konflikt wolle er versuchen, "China hinsichtlich einer gemeinsamen Verantwortung für Frieden und Stabilität einzubinden", sagte Macron in einer Rede am Mittwochabend in der US-Botschaft. Er verwies auf die engen Beziehungen zwischen China und Russland.

Macron: China zeigt "Bereitschaft, Konflikt zu lösen"

China habe die Einhaltung der UN-Charta bekräftigt, wozu auch territoriale Integrität und Souveränität einzelner Länder gehörten. "Diese zu verteidigen bedeutet, auch zusammen voranzugehen und zu versuchen, einen Weg zum Frieden zu finden."

Macron verwies auch auf das im Februar vorgelegte chinesische Positionspapier zum Ukraine-Konflikt: "Stimmen wir damit in Gänze überein? Nein, aber es ist interessant", sagte Macron. "Es zeigt seine Bereitschaft, sich darauf einzulassen, den Konflikt zu lösen." Das Zwölf-Punkte-Dokument ruft zu einem Waffenstillstand und einer Wiederaufnahme von Verhandlungen auf. Es war international allerdings kritisch aufgenommen worden, weil es keine Initiative zur Lösung des Konflikts erkennen lies, die Invasion nicht verurteilte und mit Kritik am Westen auch die russische Argumentation wiedergab.

Rückendeckung für Putin

Seit dem Einmarsch in die Ukraine vor gut einem Jahr gibt China Russlands Präsident Wladimir Putin politisch Rückendeckung. Der Schulterschluss spiegelt die geostrategische Rivalität mit den USA wider. Die USA und die Nato werden als Hauptschuldige des Konflikts dargestellt. Während Xi vor zwei Wochen in Moskau mit Putin zusammengetroffen war, gab es seit Beginn des Krieges nicht einmal ein Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.

Auch sind die Beziehungen zwischen Europa und China deswegen auf einen Tiefpunkt gefallen. Zusätzlich gibt es Differenzen über eine Schieflage in den Handelsbeziehungen, Menschenrechtsverletzungen in China, Territorialansprüche im Ost- und Südchinesischen Meer, Chinas Drohungen gegen das demokratische Taiwan und sein aggressiveres Auftreten. Vor dem Hintergrund der schlechten Erfahrungen mit der Abhängigkeit von Russland wachsen die Sorgen über die Gefahren in der wirtschaftlichen Kooperation mit der zweitgrößten Volkswirtschaft.

Macron und von der Leyen gegen Abkopplung von China

Macron sprach sich gegen eine Abkopplung von China aus. Sicher gebe es eine Rivalität mit der EU, aber beide Seiten müssten in wichtigen internationalen Fragen zusammenarbeiten. Ähnlich äußerte sich EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen: "Ich glaube, es ist weder umsetzbar noch im Interesse Europas, sich von China abzukoppeln. Unsere Beziehungen sind nicht entweder schwarz oder weiß – und auch unsere Antwort kann es nicht sein. Deshalb müssen wir uns auf die Risikominderung anstatt Entkopplung konzentrieren."

Neues Airbus-Werk

Der europäische Flugzeugbauer Airbus gab am Donnerstag bekannt, dass eine zweite Montagelinie in der nordchinesischen Hafenstadt Tianjin eingerichtet werden soll. Dort sollen ab 2026 bis zu zwölf Flugzeuge im Monat vom Band laufen, derzeit sind es vier.

Trotz aller Bedenken ist der Ausbau der Wirtschaftskooperation zwischen Frankreich und China ein wichtiges Thema des Besuchs von Macron. In seiner Begleitung reist eine 60-köpfige hochkarätige französische Wirtschaftsdelegation – unter anderem mit Vertretern des europäischen Flugzeugbauers Airbus, des weltweit zweitgrößten Stromerzeugers Électricité de France EDF, des Zugherstellers Alstom und des Abfallunternehmens und Wasserversorgers Veolia. (APA, 6.4.2023)