Israelische Sicherheitskräfte stehen vor den Überresten einer laut offiziellen Angaben aus dem Libanon abgefeuerten und von Israel abgefangenen Rakete.

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Jerusalem – Israel ist mit Raketen aus dem Libanon angegriffen worden. In mehreren Orten in Nordisrael habe es Luftalarm gegeben, erklärte das Militär. Insgesamt wurden demnach aus dem Nachbarland mindestens 34 Raketen auf israelisches Gebiet gefeuert, so die Armee am Nachmittag. Israelischen Medienberichten zufolge war dies der heftigste Beschuss aus dem Libanon seit 2006. Israel reagierte mit Gegenangriffen.

Das nationale Raketenabwehrsystem Iron Dome hat laut Armee 25 Flugkörper abgefangen. Fünf Raketen seien auf israelischem Gebiet gelandet. Der Verbleib von vier weiteren werde geprüft. Israel und der Libanon befinden sich offiziell im Kriegszustand. An der Grenze kommt es immer wieder zu Spannungen. Unklar war, welche Gruppierung hinter den Angriffen steht. Aus libanesischen Sicherheitskreisen hieß es, dass es sich bei den Flugobjekten größtenteils um sogenannte Katjuscha-Raketen handeln soll. Sie werden vor allem von palästinensischen Gruppierungen verwendet. Dem israelischen Rettungsdienst Magen David Adom zufolge wurden mindestens zwei Menschen im Norden Israels leicht verletzt.

Treffen des Sicherheitskabinetts

Als Reaktion bombardierte Israel den Libanon. Aus libanesischen Sicherheitskreisen hieß es, im Süden seien Artilleriegeschosse eingeschlagen. Die israelische Armee habe "mehrere Granaten von ihren Stellungen an der Grenze" auf den Südlibanon abgefeuert, teilte die libanesische Nachrichtenagentur ANI mit.

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu berief für den Abend ein Treffen des Sicherheitskabinetts ein. Verteidigungsminister Yoav Galant kündigte ein Treffen mit hochrangigen Beamten an.

Zusammenstöße in Jerusalem

Zuvor war es zwei Tage in Folge am Tempelberg in Jerusalem zu Zusammenstößen zwischen israelischen Polizisten und Palästinensern gekommen. Die Polizisten versuchten Augenzeugen zufolge, Palästinenser aus der Al-Aqsa-Moschee zu holen, dabei seien Blendgranaten und Gummigeschosse eingesetzt worden.

Die israelische Polizei sah sich nach eigener Darstellung zu dem Vorgehen in der ersten Nacht gezwungen, nachdem sich auf dem Gelände "maskierte Aufwiegler" verschanzt hätten. Mehr als 350 Menschen seien festgenommen und weggebracht worden. Rettungskräften zufolge wurden zahlreiche Menschen verletzt, darunter auch israelische Sicherheitskräfte. Der Rote Halbmond warf den Israelis vor, sie hätten Sanitäter daran gehindert, die Moschee zu erreichen.

250 Palästinenser in vergangenen Monaten getötet

Die pro-iranische Miliz Hisbollah im Libanon hatte palästinensischen Gruppen bei "Maßnahmen gegen Israel" ihre uneingeschränkte Unterstützung zugesichert. Sie verspreche, ihnen "bei allen Maßnahmen" zum Schutz der Gläubigen "zur Seite zu stehen".

Die jüngste Eskalation fand vor dem Hintergrund von Vorstößen der israelischen Sicherheitskräfte ins Westjordanland statt, bei denen in den vergangenen Monaten mehr als 250 Palästinenser getötet und Tausende festgenommen wurden. Bei Angriffen durch Palästinenser sind wiederum mehr als 40 Israelis und drei Ukrainer getötet worden.

Situation während des Ramadan besonders angespannt

In den vergangenen Jahren kam es auf dem Gelände um die Al-Aqsa-Moschee in Jerusalem immer wieder zu gewalttätigen Konfrontationen. Im Jahr 2021 eskalierte die Situation zu einem elftägigen Konflikt zwischen Israel und der Hamas. Der Tempelberg mit dem Felsendom und der Al-Aqsa-Moschee ist die drittheiligste Stätte im Islam. Sie ist aber auch Juden heilig, weil dort früher zwei jüdische Tempel standen.

Vor Beginn des muslimischen Fastenmonats Ramadan war eine Verschärfung der ohnehin angespannten Sicherheitslage im Land befürchtet worden. Aktuell kommen besonders viele Muslime zum Tempelberg, um während des Fastenmonats dort zu beten.

Am Mittwoch begann zudem das einwöchige jüdische Pessachfest. Einer der Bräuche ist dabei eine Wallfahrt nach Jerusalem. (APA, red, 6.4.2023)