Im Herbst 2020 hat Lennard Hammer alles hinter sich gelassen. Er hat seine Wohnung in Stuttgart gekündigt, ist in sein Auto gestiegen und nach Innsbruck gefahren.

"Im Februar 2022 habe ich mit der Planung meines Tiny House begonnen, knapp ein Jahr später habe ich es dann bezogen. Es ist mein erstes richtiges Zuhause.

Ein Jahr hat Lennard Hammer sein Tiny House geplant und dann bei der Umsetzung möglichst viel selbst gemacht.
Foto: GüNTER RICHARD WETT

Auf den ersten Blick stellt man sich dieses alternative Leben oft ganz malerisch vor, doch für mich steht das Leben in einem Tiny House nicht für den romantischen Traum vom Befreitsein von materiellen Dingen. Vielmehr schätze ich die Tatsache, dass ich selbstbestimmt, zurückgezogen und im Einklang mit der Natur leben kann.

Wohnen ist für mich in erster Linie überleben. Ich wohne, wenn ich meine Grundbedürfnisse decken kann. Dazu brauche ich wenig, ja nicht einmal unbedingt ein Dach über dem Kopf.

Hammer wohnt, wie er sagt, um seine Grundbedürfnisse zu decken.
Foto: GüNTER RICHARD WETT

Mein Haus ist 12,7 Quadratmeter groß. Das ist richtig geräumig im Vergleich zu meinem Auto, in dem ich fast zwei Jahre gewohnt habe. Über die Küchenanrichte gelange ich zu meinem Bett, das knapp unter der Decke liegt. Es gibt keine Leiter. Das ist Absicht – ich wollte so wenig Mobiliar wie nötig und viel freie Flächen.

Neben der Kochnische liegt das Bad mit Komposttoilette und Dusche. Das Wasser beziehe ich vom Campingplatz hier in Kranebitten in Innsbruck. Strom brauche ich nur selten zum Heizen, ich koche mit Gas. Ich stehe schon seit Herbst 2020 hier auf dem Campingplatz. Damals habe ich alles hinter mir gelassen. Ganz radikal: Ich habe meinen Job gekündigt, meine Wohnung in Stuttgart, wollte den Kontakt zu Bekannten und Freunden abbrechen. Ich litt an einer unbehandelten chronischen Depression. Die Krankheit hat meine Entscheidungen natürlich beeinflusst. Mittlerweile geht es mir viel besser.

Rund 75.000 Euro hat sein mobiles Zuhause insgesamt gekostet – um einiges mehr, als ursprünglich veranschlagt.
Foto: GüNTER RICHARD WETT

Bei gutem Wetter wird mein Zuhause richtig groß: Dann klappe ich die gläserne Schiebetür zur Seite, und die Grenzen zwischen drinnen und draußen verschwimmen plötzlich. Das Wetter und die Natur aktiv zu erleben – das ist für mich Freiheit.

Ich habe das Haus selbst geplant und so viel wie möglich selbst gebaut. Besagte Schiebetür war für mich ein integraler Bestandteil, ein Muss. Sie war teuer, aber es hat sich gelohnt. Im Endeffekt habe ich viel mehr für das Tiny House gezahlt, als ich ursprünglich kalkuliert hatte. Ich war wohl zu optimistisch, rechnete mit Gesamtkosten in der Höhe von 24.000 Euro. Schlussendlich werden es wohl bis zu 75.000 Euro sein. Für die Ewigkeit ist dieses kleine Zuhause nicht gebaut. In einer Wohnung sehe ich mich in der Zukunft aber auch nicht, dort fühle ich mich eingeengt. Vom Campingplatz würde ich eigentlich gerne weg, aber einen Stellplatz für das Tiny House zu finden ist schwierig. Rechtlich gesehen ist auch ein Tiny House ein Haus, für das eine Baugenehmigung eingeholt werden muss. Dazu bräuchte ich erst mal einen Baugrund.

Auch für ein Tiny House braucht man einen Baugrund, danach ist Hammer aktuell auf der Suche.
Foto: GüNTER RICHARD WETT

Ein Tiny House ist viel Arbeit. Ich bin schon sehr zufrieden, aber es gibt noch viel zu tun: Als Nächstes steht ein großes Fenster an der Rückseite an, es soll sich über die gesamte Länge des Bettes ziehen. So wird es dann hoffentlich auch im Sommer nicht allzu warm. Es gab schon im Februar Tage, an denen es drinnen so heiß wurde, dass die Schiebetür stundenlang weit offen stand. Ich träume von einem kleinen Kamin mittig im Haus. Mit einem Fenster, sodass ich den Flammen beim Tänzeln zuschauen kann.

Für den nächsten Winter träumt Hammer von einem kleinen Kamin, der mittig im Haus stehen soll.
Foto: GüNTER RICHARD WETT

Für die Holzverkleidung des Hauses habe ich Lärchenholz verwendet. Noch ist es hell. Ich freue mich darauf, dass sich die Bretter gräulich verfärben. Ursprünglich wollte ich auf Altholz zurückgreifen, ich dachte stets an das Holz einer alten Scheune. Das gab es damals reichlich, mittlerweile ist es schwer zu bekommen, das liegt wohl an den Preisen.

Die Holzverkleidung ist aus Lärchenholz. Hammer freut sich schon darauf, dass die Bretter später gräulich verfärben.

Außerdem träume ich von einer Terrasse. Auf der würde ich dann liegen, das Wetter beobachten und den Vögeln beim Zwitschern zuhören. Ich blicke auf die Berge, davor liegen die Autobahnauffahrt und der Innsbrucker Flughafen. Es ist laut, aber das stört mich nicht so sehr." (Maria Retter, 11.4.2023)