Hohe Strom- und Gaspreise führten zu saftigen Preiserhöhungen bei Fernwärme, zu hohen Kosten für die Haushalte – und noch höheren Vorschreibungen. Besänftigen will Wien Energie die Kunden nachträglich mit einem Rabatt.

Foto: Toppress / Karl Schöndorfer

Wien – Den von der Erhöhung der Fernwärmetarife betroffenen Haushalten dürfte es wenig Trost sein: Wien Energie verzeichnete im vorigen Winter einen deutlich geringeren Verbrauch von Fernwärme als in der Heizsaison davor. Ein durchschnittlicher Wiener Haushalt spare dadurch rund 80 Euro, teilte Wien Energie mit.

Der städtische Versorger führt den Rückgang vor allem auf die ungewöhnlich milden Temperaturen im Herbst zurück. Von Oktober 2022 bis Ende März 2023 sank der Verbrauch um 10,5 Prozent. Allein im Oktober wurde 23,5 Prozent weniger Fernwärme erzeugt. Der höchste Heizbedarf wurde im heurigen Winter im Februar registriert – obwohl es auch da ungewöhnlich warm war.

Insgesamt beziehen in der Bundeshauptstadt 440.000 Haushalte und 7800 Großkunden Fernwärme.

Ersparnis überschaubar

Gemessen an der Erhöhung der Fernwärmepreise um 92 Prozent ist die in Aussicht gestellte Ersparnis überschaubar. Vor allem die deutlich erhöhten Vorauszahlungen machen vielen Stadtbewohnern und Gewerbekunden zu schaffen. Sie machen, wie Kunden und Kundinnen erzählen, bisweilen das Dreifache der bisherigen Teilbeträge aus. Das bedeutet nicht, dass die nächste Jahresabrechnung hoch wird. Allerdings binden hohe Vorauszahlungen Liquidität, die angesichts steigender Gebühren und der anhaltenden Teuerung im Haushaltsbudget fehlt.

Hohe Teilbeträge

Eine Überprüfung und Herabsetzung der Teilbeträge sei selbstverständlich möglich, heißt es bei Wien Energie. Allerdings bestehe dann Gefahr von Nachzahlungen bei der Endabrechnung. Die Höhe der Teilbeträge hänge von Verbrauch, Wohnungsgröße und Gesamtverbrauch ab, sagt eine Sprecherin. In der Regel gingen hohe Vorauszahlungen mit hohen Verbräuchen einher. Linderung könnte mit dem Fernwärme-Rabatt kommen, der aus dem von Wien Energie erwirtschafteten Gewinn gespeist wird. Die Höhe des Rabatts steht nach Ostern fest.

Eine Drosselung des Energieverbrauchs registrierte man bei Wiener Netze auch bei Strom und Gas. Von Oktober bis Ende März ging der Stromverbrauch um 3,8 Prozent zurück. Beim Erdgas, dem bevorzugten Energieträger für Warmwasser und Heizung in hunderttausenden Haushalten, belief sich der Minderverbrauch dank ungewöhnlich hoher Außentemperaturen auf 18,3 Prozent. Was die im Jänner und Februar empfindlich gestiegenen Netzkosten betrifft, ist Besserung in Sicht. Die Regierung hat die Kosten gedeckelt, und übers Jahr gerechnet sollten mit den neuen Vorschreibungen für Vorauszahlungen auch die Netzgebühren wieder sinken, betont man bei Wiener Netze.

Preise gestiegen

Aber zurück zum Aufreger des Vorjahres, der Fastverdoppelung der Fernwärmepreise. Argumentiert worden waren diese mit dem vergleichsweise hohen Anteil von Gas, der zur Erzeugung der in Wien nötigen Wärmemenge eingesetzt werden muss. Tatsächlich werden 60, in manchen Jahren sogar 65 Prozent der Wiener Fernwärme in Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK) und eigenen Heizkraftwerken erzeugt, die mit Gas laufen. Im Fall der KWK-Anlagen wird neben Wärme auch Strom erzeugt. Der Rest, bis zu 40 Prozent der Fernwärme, wird in Wien durch Verbrennen von Abfall und Biomasse gewonnen.

Sonderfall Wien

Das liegt an der Sonderstellung von Wien bei Fernwärme im Österreichvergleich. In kleineren Fernwärmesystemen spielt Biomasse eine stärkere Rolle, in Wien dominiert Erdgas. Laut Günter Pauritsch von der Österreichischen Energieagentur gibt es drei Hebel, den hohen Gasanteil zu reduzieren: Großwärmepumpen, Geothermie und Ersatz von Erdgas durch Biomethan. Eine dieser Großwärmepumpen ist in der Kläranlage in Simmering im Einsatz. "Zwei Drittel der Wärme kommt aus dem Abwasser, ein Drittel wird aus erneuerbarem Strom kommen müssen", sagt Pauritsch.

Was die Tiefengeothermie betrifft, gibt es nördlich der Donau identifizierte Potenziale, die Schritt für Schritt genutzt werden sollen. Weil die KWK-Anlagen nicht nur der Wärmeerzeugung dienen, sondern auch für das Stromsystem von großer Bedeutung sind, müsse ein beträchtlicher Teil an erneuerbarem Gas in diese Anlagen gelenkt werden, sagt Pauritsch. (Luise Ungerboeck, Günther Strobl, 6.4.2023)