Mit Hund und Katze im Bett kuscheln? Längst kein No-Go mehr, und es kann viele Vorteile für die Gesundheit haben.

Foto: istockphoto.com/FatCamera

"Mama, ich hätte sooooo gerne einen Hund!" – Viele Kinder betteln irgendwann um ein Haustier. Erwachsene müssen dann Vor- und Nachteile abwägen. Katze, Hund und Hamster machen Arbeit, so süß sie auch sind.

Ein gutes Argument der Haustierbefürworter könnte sein, dass Hunde und Katzen vor Allergien schützen. Das zeigt eine großangelegte Studie aus Japan, die kürzlich im Fachmagazin "Plos One" erschienen ist. Die Daten von mehr als 65.000 Kindern wurden dafür über die landesweite Geburtenkohortenstudie herangezogen.

Das Ergebnis: Wenn Kinder schon früh mit Katzen und Hunden in Kontakt kommen, sind sie besser davor geschützt, eine Lebensmittelallergie zu entwickeln. Schon bei Kleinkindern zeigte sich ein deutlicher Unterschied. Dreijährige mit Haustieren hatten im Schnitt zu 15 Prozent seltener eine Allergie als jene ohne Hunde und Katzen. Dabei war es irrelevant, ob die Haustiere drinnen oder draußen gehalten werden.

Kleine Kinder, die häufig Hunde streicheln und kuscheln, hatten seltener Eier-, Milch- und Nussallergien. Bei Kindern mit Katzen im Haushalt zeigten sich signifikant seltener Allergien gegen Eier, Weizen und Soja.

Bauernhofeffekt

Warum tragen gerade Hunde und Katzen zu einem derartigen Allergieschutz bei? Warum nicht Hamster, Vögel oder Kaninchen? "Vermutlich weil der Kontakt zu Katzen und Hunden viel enger ist als zu anderen Haustieren wie Hamstern oder Wellensittichen", sagt Barbara Bohle, Professorin für Zelluläre Allergologie und Leiterin des Instituts für Pathophysiologie und Allergieforschung an der Medizinischen Universität Wien. "Wenn ein Hund das Baby abschleckt, kommt es mit unzähligen Bakterien, Vieren und Pilzen in Kontakt."

Was dann passiert: "Die frühkindliche Exposition gegenüber bestimmten Mikroorganismen wirkt sich auf das Mikrobiom (Summe und Zusammensetzung der Bakterien, Anm.) des Darms aus, das als wichtiger Faktor für die Reifung des Immunsystems gilt." Später kommt es seltener zu einer Überreaktion des Immunsystems, zu einer Allergie. Dieser Bauernhofeffekt, auch Hygienehypothese genannt, ist schon lange bekannt. "Diverse Studien zeigen, dass Kinder, die auf einem Bauernhof aufwachsen, später weniger Allergien oder Asthma entwickeln", sagt Bohle.

Global gesehen nehmen Allergien stark zu: In einigen Ländern mit hohem Einkommen wird etwa bei mehr als jedem zehnten Kind eine Nahrungsmittelallergie diagnostiziert, Tendenz steigend. "Allergische Reaktionen von Milch, Weizen oder Eiern sind bei Babys und Kleinkindern sehr häufig", sagt Bohle. Das Gute: Bei den meisten Kindern verschwindet die Allergie wieder. "Weil das Immunsystem ausreift und irgendwann lernt, damit umzugehen."

Haustiere bieten ähnlichen Schutz wie Geschwisterkinder

Besonders spannend ist, dass bereits das Immunsystem eines Ungeborenen geschult wird. Die japanische Studie etwa zeigt, dass Schwangere, die mit Hunden oder Katzen zusammenleben und damit mit diversen Mikroorganismen in Kontakt sind, automatisch ihr Baby im Bauch schützen. Wie genau dieser Schutz auf das Baby im Bauch übertragen wird, ist noch nicht gänzlich geklärt. Bohle vermutet, dass der Effekt ähnlich wie bei Antikörpern funktioniert, die von der Mutter an ihr Ungeborenes abgegeben werden.

Den Wunsch nach einem Haustier haben Kinder meist erst im Alter von fünf oder sechs Jahren. Hilft es dem Immunsystem dann auch noch? "Für die Allergieprävention ist es dann womöglich zu spät", sagt Bohle. Bis zum vierten Lebensjahr gibt es laut der Wissenschafterin ein "window of opportunity" (Fenster der Möglichkeit), um die Reifung des Immunsystems wesentlich zu beeinflussen.

Haustiere können aber auch für ältere Kinder gesundheitliche Vorteile bringen: "Die Tiere tragen im Fell und auf ihren Tatzen alles Mögliche von draußen mit in die Wohnung." Studien zeigen, dass sich mit dem Einzug von Tieren das gesamte Repertoire an Mikroorganismen im Körper aller Familienmitglieder ändert. "Kinder, die in Haushalten mit vielen Geschwistern aufwachsen, haben ebenso ein geringeres Allergierisiko", sagt Bohle. Der Effekt sei der gleiche.

Allerdings: Den Wunsch des Kindes nach einem Haustier wegen einer Allergieprävention zu erfüllen, ist keine gute Idee. Die Studien zeigen viele interessante Zusammenhänge, liefern aber keine Auskunft über Kausalitäten von Haustieren und dem tatsächlichen Allergieaufkommen. Fest steht: Hundebesitzer verbringen mehr Zeit im Freien. Und frische Luft und Bewegung ist gesund – bewiesen gesund. (Nadja Kupsa, 9.4.2023)