Laut Berechnungen des Momentum-Instituts haben Österreichs Banken ihren Nettozinsgewinn binnen sechs Monaten um fast 100 Millionen Euro ausgebaut.

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Nach sechs Jahren beendete die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Nullzinsphase im vergangenen Juli. Wegen der massiv angestiegenen Inflation hob sie das Zinsniveau seither ebenso schnell wie stark an. Der Leitzins wurde von null auf nunmehr 3,5 Prozent angehoben, jener für Bankeinlagen bei der Notenbank von minus 0,5 auf drei Prozent. Dies sollte eigentlich auch hierzulande das ganze Zinsgefüge nach oben schrauben. Die heimischen Banken reagieren aber nur recht einseitig auf den Anhebungszyklus der EZB, geht aus einer Erhebung des Momentum-Instituts hervor.

"Während Banken die Zinsen auf Kredite im Zeitraum von Juni bis Ende Dezember 2022 kräftig erhöht haben, blieben sie auf Einlagen niedrig", heißt es darin. Auf Basis von Daten der Oesterreichischen Nationalbank und eigenen Berechnungen des gewerkschaftsnahen Instituts sind die durchschnittlichen Kreditzinsen für Bestandskunden um 0,83 Prozentpunkte gestiegen und damit fünfmal so stark wie jene für Kundeneinlagen, wo der Zuwachs lediglich 0,16 Prozentpunkte betrug. Dadurch ist die durchschnittliche Zinsspanne von 1,68 auf 2,35 Prozentpunkte aufgegangen, das sind um fast 40 Prozent mehr.

Übergewinne abschöpfen

"Wer sein Konto überzieht oder einen Kredit zurückzahlen muss, zahlt dafür jetzt deutlich höhere Zinsen an die Bank als noch vor einem Jahr. Für ihre Ersparnisse, die Menschen auf der Bank bunkern, zahlen die Banken allerdings nur geringfügig höhere Zinsen", sagt Joel Tölgyes, Ökonom beim Momentum-Institut. Banken zählt er daher "klar zu den Krisengewinnern". "Mittels Übergewinnsteuer könnten auch im Bankensektor krisenbedingte Übergewinne abgeschöpft und für die Finanzierung von Unterstützungsmaßnahmen verwendet werden."

Im Juni des Vorjahres betrug die Differenz aus den Einnahmen aus Kreditzinsen und Ausgaben für Einlagezinsen – also der Nettozinsgewinn – gemäß Angaben des Momentum-Instituts noch 257 Millionen Euro. Die Einnahmen aus Kreditzinsen stiegen jedoch mit den Leitzinserhöhungen über das zweite Halbjahr 2022 stärker an als die Ausgaben für Einlagezinsen. Im Dezember betrug der Nettozinsgewinn schließlich 352 Millionen Euro – also fast 100 Millionen Euro mehr als noch ein halbes Jahr zuvor. (aha, 8.4.2023)